Prächtige Verführung im Bayerischen Nationalmuseum

Das Bayerische Nationalmuseum lädt in die frisch sanierte Barock- und Rokoko-Abteilung. Sehen Sie hier die besten Austellungsstücke.
Christa Sigg |
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München - Nicht nur die Damen kommen hier besonders aufreizend daher. Selbst der kleinste Porzellanleopard glänzt so anziehend, dass man ihm am liebsten übers kühl-glatte Fell streicheln möchte. Und ja, vermutlich war die hochkarätige Barock-Sammlung des Bayerischen Nationalmuseums noch nie so prächtig in Szene gesetzt wie jetzt im frisch renovierten Westflügel des Hauses.

Neben der Restaurierung ganzer Werkgruppen liegt das vor allem an der geradezu sensationellen Beleuchtung des französischen Lichtmagiers Jean-François Hocquard. Durch winzige LED-Lämpchen kommen jetzt selbst die komplexesten Reliefs und Skulpturen im Detail zur Geltung. Das schafft auch die beste Fotografie nicht. Schon deshalb sollte man sich die Günthers und Bustellis, die Prunkschränke und Tafelaufsätze live und in Farbe anschauen.     Christa Sigg

Bayerisches Nationalmuseum, Prinzregentenstr. 3, Dienstag bis Sonntag 10 bis 17, Donnerstag bis 20 Uhr, Katalog mit 80 ausgewählten Werken 24,80 Euro.

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Himmlischer Globus

Ein Globus des Venezianers Vincenzo Coronelli, 1692.     Foto: Bastian Krack

Dieser Globus zeigt nicht, wie wir’s gewohnt sind, die Erdteile, sondern – viel aufregender – den Himmel mit all seinen Sternbildern. Der Venezianer Vincenzo Coronelli hat das fantastische Stück im Jahr 1692 aus Kupferstichen gefertigt. Und im Gegensatz zu den damals üblichen Darstellungen zeigt Coronelli die Sternbilder so, wie man sie von der Erde aus sieht. Also nicht spiegelverkehrt. Zusammenmontiert hat das Ganze vermutlich ein gewisser Matteo Alberti.

 

Erste Hilfe für den Markgrafen

Diese Prunkapotheke entstand um 1692.     Foto: Bastian Krack

Man möchte diese Spritze nicht in der Pobacke stecken haben. Ansonsten ist diese fein gearbeitete Reiseapotheke ein wunderbarer Hingucker. Der auf großem Fuß lebende Markgraf Karl August von Brandenburg-Kulmbach ließ sie beim Kunstschreiner Johann Daniel Sommer um 1692 fertigen – der gehörte zu den Ersten, die die Pariser Marketeriekunst in Deutschland bekannt gemacht haben. Goldschmied Joseph Herterich und diverse andere Handwerker besorgten den Rest. Darunter Zungenschaber, Spatel, Gläser, eine Waage mit Apothekergewichten, Löffel, Mörser, Trichter, Klistiere... Aus medizinischer Sicht war damit (fast) für ein ewiges Leben gesorgt. Karl August kam allerdings finanziell in die Bredouille – was kaum verwundert – und musste nicht nur seine hübsche Apotheke veräußern.

 

Schöner kämpfen

Pallasch aus der Werkstatt Johann Michaels in Prag. Foto: Walter Haberland

Damit macht noch der lausigste Feldherr eine blendende Figur. Wobei man ehrlich sein muss: Mit solchen Prunkwaffen wurde natürlich nicht gekämpft. Die durften bei festlichen Zeremonien zum Einsatz kommen – oder einfach nur in der Schatzkammer vor sich hinglänzen.

Bei der abgebildeten Hieb- und Stichwaffe handelt es sich um einen Pallasch, die ungarische Reiterei hat mit solchen Klingen gekämpft. Und im Zuge der Türkenkriege kamen die geschmückten Versionen um 1600 in Mode. Also mit vergoldetem Löwenhaupt oder anderen Kraftmeiereien. Dazu ist die aufwendig geschuppte Parierstange mit zwei Delfinköpfen dekoriert, ganz zu schweigen von den eingearbeiteten Edelsteinen. Der in Prag residierende Kaiser Rudolf II. hat solche Waffen aus der Werkstatt Johann Michaels gerne verschenkt, und man darf davon ausgehen, dass Bayern-Herzog Maximilian I. diesen Säbel von ihm empfangen hat.

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Huch! Hinterm Brunnen lauert ein Voyeur

Bustellis „Voyeur am Brunnen“, 1756.     Foto: Walter Haberland

Der kleine Amor ist amourösen Angelegenheiten nie abgeneigt und wartet nur noch auf den richtigen Moment. Wobei man nicht so recht ausmachen kann, ob der Voyeur, der sich hinterm Brunnen verbirgt, tatsächlich Chancen hat bei der gschamigen Dame. Immerhin ist ihr rechtes Bein entblößt – wie unvorsichtig! Aufs Erste muss sie die Annäherung natürlich abwehren. Die Nachbarn oder womöglich der Ehemann könnten etwas mitbekommen ... Und Münchner wissen es natürlich längst: Franz Anton Bustelli hat sich dieses hübsche Paar ausgedacht – im Jahr 1756 für die Nymphenburger Porzellanmanufaktur.

 

Fesche Göttin

Ignaz Günther hat die Minerva um 1775/1785 geschaffen. F. B. Krack

Mit nur drei Fingern balanciert sie ihre Lanze, lässig hat sie mit der Linken den schweren Mantel gerafft, damit man den wohlproportionierten Leib in Augenschein nehmen kann: Kriegsgöttin Minerva träumt in dieser ausgesprochen anmutigen Version Ignaz Günthers vermutlich eher von einem eleganten Hofball als vom brachialen Kampfeinsatz. Der äußerst gefragte Rokoko-Bildhauer hat die Lindenholzskulptur wahrscheinlich für den Grafen Johann Kaspar Basselet de La Rosée geschaffen – der war im bayerischen Heer zu allerhöchsten militärischen Ehren gelangt.

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