Gute Kunst ist eine Droge

Deshalb lässt man sich am besten ganz auf sie ein – und setzt sich durch. Wie Sabine Knust, die jetzt im Team mit Matthias Kunz arbeitet
Christa Sigg |
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Während sich weit hinten ein Mantelträger in die Arbeiten von Cy Twombly vertieft, lehnt sie lässig im Vordergrund am Türrahmen. Das Kinn auf die Hand gestützt, cool wie ein Bond-Girl mit weit geöffneten Augen. Anfang der Siebziger war das, Sabine Knust hat damals in der Galerie von Heiner Friedrich gearbeitet, und man sieht sofort: Dieser Frau kann man kein X für ein U vormachen. Juristin eben.

Um die Wimpern liegt heute weniger Kajal, mag sein, dass auch der Blick milder geworden ist. Sabine Knust muss sich längst nicht mehr behaupten in einem Metier, das bis weit in die 60er Jahre komplett von Männern dominiert wurde – um dann mehr und mehr durch selbstbewusste Frauen aufgemischt zu werden.

Pionierarbeit, sicher, aber Knust ging es vielmehr um Inhalte oder besser: Künstler. Da müsse man in der 1982 gegründeten Galerie an einem Strang ziehen, Einschätzungen und Vorlieben teilen. So, wie sich das im Laufe der letzten Jahre mit Matthias Kunz ergeben hat, der – 1998 erst Geschäftsführer, inzwischen Kompagnon – die Marke Knust weiterführen soll.

Künstler-Editionen mit Kirkeby & Co.

Und dazu gehört nicht nur die Galerie, mit der Knust 2004 von der Maximilian- an die Ludwigstraße gezogen ist, schräg vis-à-vis von Charles Schumanns Bar. Sondern auch der Verlag, der zu den fünf weltweit bedeutendsten für hochkarätige Künstler-Editionen zählt. Eine ziemlich aufwändige Passion, keine Frage. Denn sie setzt eine gründliche Auseinandersetzung mit den Künstlern voraus, die sich damit tief ins (Hand)Werk blicken lassen.

Dass Knust dieses sehr genaue Arbeiten liegt, hat Heiner Friedrich schnell erkannt. Deshalb war die junge Frau, die beim Galeristen-Guru schon als Studentin jobbte, bald für Druckgrafik von Georg Baselitz, Dan Flavin, Blinky Palermo, Fred Sandback oder Gerhard Richter zuständig. Ende der 60er junge Aufsteiger, mit denen sich spannende Gespräche und Korrespondenzen ergaben. Damit war die Richtschnur gezogen, wer mit solchen Koryphäen zu tun hat, muss auf diesem Level bleiben.

Ein Leidenschaft kann nicht bis zum Wochenende warten

„Gute Kunst wird ja auch zur Droge“, findet Matthias Kunz, der als 16-jähriger Schüler beim Gang durch die New Yorker Museen süchtig wurde. Nach ein paar Takten Volkswirtschaft musste er dann feststellen, dass seine Leidenschaft nicht bis zum Wochenende warten konnte. Er nahm die Kunstgeschichte dazu, und half zwischen den Vorlesungen wenige Meter vom Institut entfernt beim Galeristen Bernd Klüser aus. Nägel in die Wand klopfen, Rahmen zuschießen, immer auf Tuchfühlung mit den Originalen.

Nun also Knust und Kunz, Juristin und Kunsthistoriker. Die Spezialisierung, die man erwarten könnte, hat es nie gegeben. Geht ja gar nicht, bei gerade mal vier, fünf Mitarbeitern, die sich um die Ludwigstraße, den Verlag und – seit drei Jahren – den Projektraum an der Theresienstraße kümmern. „Da muss die Rechte wissen, was die Linke tut“, meint der knapp 47-jährige Allrounder, der zwischendurch einem jungen Maler die Basics der Rechnungslegung erläutert. Lebenshilfe.

Bei etwa 40 Künstlern, mit denen man in Galerie oder Edition intensiver zusammenarbeitet, geht das ganz gut. Die Vielfalt wird zudem durch sehr unterschiedliche Stile in sämtlichen Genres noch einmal erweitert. Selbst im Büro kann man das schön verfolgen, wo großformatige Fotoarbeiten des Schweizers Walter Pfeiffer neben einem Baselitz hängen. Und gleich gegenüber Imposantes von Herbert Brandl und Günther Förg.

Ein Baselitz für 4000 Euro

Oldies sind das im Vergleich zum angesagten Zwillingskünstlerpaar Gert & Uwe Tobias (40), das derzeit die Galerie mit farbintensiv-fantasievoller Grafik dominiert. Die beiden werden hoch gehandelt, trotzdem kann man sich auch mit „normalem“ Geldbeutel in ihre Blätter vergucken. Was man von den Heroen des legendären Black Mountain College nicht gerade behaupten kann, die noch im Dezember für Aufsehen gesorgt haben. Trotzdem sei Grafik der ideale Einstieg für junge Sammler, betont Kunz, dessen bunte Ringelsocken frech unter dem puristisch-grauen Galeristen-Outfit hervorlugen. Druckgrafik von Baselitz sei schon für 4000 Euro zu haben.

Wieder klingelt das Telefon – Katar. Neben den großen Messen läuft heute viel übers Internet. Ob der Kunstinteressierte aus dem Emirat nun John Cage und John Chamberlain von der letzten Ausstellung gegoogelt hat oder die Brüder Tobias? „Mal sehen“, meint Kunz und zuckt mit den Achseln. „Die Anrufe kommen inzwischen von überall aus der Welt, da darf man sich nicht gleich verrückt machen.“ Was ungefähr so viel heißt wie: Wenn’s s denn ein soll, ergibt sich schon was.

Galerie Sabine Knust/Matthias Kunz, Ludwigstraße 7, www.sabineknust.com, Tel. 089/291607;
Ausstellung Gert & Uwe Tobias, bis 18. Februar 2014 – Dienstag bis Freitag von 11 bis 18, samstags bis 15 Uhr

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