Er schuf echte Hingucker: Ausstellung von Helmut Newton im Kunstfoyer München
Für seine berühmte Bildserie "Sie kommen (Naked and Dressed)", aufgenommen für die "Vogue", hat Helmut Newton das Polaroid-Bildmaterial nach eigener Aussage "kistenweise" verbraucht. Sonst aber reichten dem Mode-, Porträt- und Aktfotografen meist wenige Polaroids, um sich einen schnellen Eindruck seines geplanten Bildes zu verschaffen. Stimmen die Posen der Models? Ist die Lichtführung perfekt? Passt die Gesamtkomposition? Dann erst griff er zur anderen Kamera und fotografierte auf "richtigem Film".
Die neue Ausstellung im Kunstfoyer zeigt, dass Newtons Polaroids bei aller Vorläufigkeit durchaus Arbeiten von eigener ästhetischer Qualität sind. Das ist natürlich keine Überraschung, schließlich stimmen ja auch da schon die Zutaten: einer der wichtigsten Fotografen ist da, ein meist sonniger Ort – und meistens mindestens eine der schönsten Frauen der Welt.
Helmut Newton (1920-2004) hat Polaroid-Kameras vor allem bei Shootings für seine Modeaufträge intensiv genutzt, schreibt Matthias Harder, der Direktor der Helmut Newton Foundation in Berlin. "Dahinter stand, wie er selbst es einmal in einem Interview sagte, das ungeduldige Verlangen, sofort wissen zu wollen, wie die Situation als Bild wirkt."
Helmut Newton im Kunstfoyer: Wenn Sie nichts sehen, waren Sie nicht nah genug dran
Im ersten Raum des Kunstfoyers muss man sehr nahe herangehen an die 50 kleinformatigen, oft leicht verwaschenen Polaroids, um etwas erkennen zu können. Die Bilder sind chronologisch von 1975 bis 2003 gehängt. Darunter sind auch die Testaufnahmen für so bekannte Newton-Bilder wie das nackte Paar Dolph Lundgren und Grace Jones oder die Frau in weißer Wolford-Strumpfhose mit Blick aufs Meer (und einem Polaroid in der Hand!).
Im unteren Raum gibt es dann eine Entspannung für die Augen: Eine ganze Wand ist voll mit vergrößerten Polaroids, auf denen man endlich auch Details erkennen kann. (Leider erfordert das Betrachten der Bilder – alle in drei, vier Reihen oben – und das Lesen der Erklärschilder – alle in drei, vier Reihen unten – einige Gymnastik.)
Gerade hier im unteren Raum zeigt sich, was Helmut Newtons Arbeit ausmacht: Er schuf echte Hingucker. Immer wieder inszenierte er seine Models vor schöner Kulisse, gerne am oder im Wasser. Oder aber er stellte sie frei auf kargen Beton oder vor eine schmucklose Wand.
Trash und Schönheit
Immer wieder haben seine Inszenierungen faszinierende, manchmal verstörende Brüche. Supermodel Nadja Auermann geht einmal am Stock, ein Bein ist in einem bizarren Stützkonstrukt fixiert. Oder eine Frau sitzt irgendwo im Nichts auf der Rückbank eines Auto – dessen vorderer Teil fehlt. Trash und Schönheit werden bei Newton gepaart zur Kunstform.
An drei Beispielen kann man sehr schön vergleichen, welche Korrekturen Newton zwischen dem Polaroid und dem finalen Bild vornahm.
Südländisch-leicht geht es in drei Bildserien mit Newton und seiner Frau June zu: Die beiden haben sich gegenseitig immer wieder auch nackt fotografiert (die Bilder wären, zensiert, heute absolut intagram-tauglich).
Eine Foto-Collage, ein Werbefilm im Newton-Stil (für Reißverschlüsse!) und eine Sammlung von Sofortbildkameras rundet diese sehenswerte Ausstellung ab.
Bis 22. Februar im Kunstfoyer der Kulturstiftung der Versicherungskammer, Thierschplatz 6 (täglich außer Mittwoch 10-18 Uhr, Freitag 10-20 Uhr), Eintritt frei, Führungen durch die Ausstellung: versicherungskammer-
kulturstiftung.de
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