Einfach saukomisch
Einem Trauerkloß wird die Schädeldecke abgenommen, der Inhalt entfernt, und noch bevor die Kalotte wieder drauf sitzt, beginnt das krakelige Männchen zu lächeln. Wir haben es immer schon gewusst: „You will be happier without your brain“ – ohne Hirn ist man glücklicher. Nur bringt das kaum einer so witzig auf den Punkt wie David Shrigley.
Der Joke würde in diesem Fall auch ohne Worte funktionieren. Meistens ist es aber die Kombination, die seine Arbeiten so amüsant, ach was, saukomisch macht. Und die cartoonhaften Zeichnungen kommen sofort an, quer durch die Generationen. Selten sieht man jedenfalls in einem Kunsttempel so viele Leute lachen wie jetzt in der Pinakothek der Moderne, wo der Schotte aus dem englischen Macclesfield seinen ersten deutschen Museumsauftritt hat.
Wobei in der Schau eine Menge „Fremdes“ hängt. Allerdings bezieht sich das auf eine eigene, inzwischen zerstörte Skulptur. Die ließ der 45-Jährige von via Facebook gefundenen Laien zeichnen. Um einen leeren Sockel reihen sich nun zig Versionen eines Skeletts. Das vermutlich präzise Ergebnis eines Gerichtszeichners und viele weitere Knochendamen verraten das „geheime“ Vorbild, aber es gibt auch freie Interpretationen – vom Engel bis zur Dekonstruktion.
Kunst oder Cartoons? Beides!
Getoppt wird das noch von einem Riesenblatt voller Kreise. Fabriziert hat sie ein Staubsauger-Roboter mit angepapptem Stift. Doch keine Sorge, ansonsten dominiert Shrigleys inzwischen deutlich erkennbare Handschrift die Ausstellung. Von der überdimensionalen Werkliste samt Lageplan, auf denen diverse Verschreiber irritieren, bis zu den typischen Jokes, Bildsentenzen und Minigeschichten.
Dieser vermeintlich simple Humor bescherte Shrigley eine rasante Karriere, 2013 erst ist der käsig blasse Schlaks knapp am renommierten Turner-Preis vorbeigeschrammt. Schon das adelt jeden Künstler. Wobei sich die Frage stellt, ob seine herrlich schrägen Zeichnungen Kunst sind.
Weil sie im Museum hängen? Shrigley meistens mehrere Bedeutungsebenen bespielt? Mit Verve die klassische Kunstgeschichte torpediert, wenn er etwa den bierernsten Minimalismus mit einem schlichten schwarzen Punkt ins Humorvolle katapultiert? Oder der Kunstbegriff wieder mal erweitert wird?
Schwierig. Natürlich unterscheidet sich Shrigley wie seine Kritzelkollegen Dan Perjovschi oder Markus Vater von den bloßen Karikaturisten. Doch die Grenzen sind fließend. Auch mit dem Verweis auf das skurrile Schweizer Künstler-Duo Fischli und Weiss – Cousins im Geiste – kommt man nicht so recht weiter. Am besten, man ringt sich wie David selbst zu einem lässig schlichten „it’s o.k.“ durch.
Pinakothek der Moderne, bis 10. August 2014, Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18, Donnerstag bis 20 Uhr