Don Quijote schnippt sich in traumschräge Welten
Mit seinen dramatisch aufgerissenen Augen überm nach oben gezwirbelten Schnurrbart, dem fies gegelten Haupthaar und den immer auffällig dandyhaften Anzugkreationen war er alles andere als ein Ritter von trauriger Gestalt. Der aber hatte es dem exzentrischen Salvador Dalí (1904-1989) besonders angetan: Cervantes’ „Don Quijote“ besaß für ihn eine so unglaubliche Vorstellungskraft, dass dieser nur eine Eichel in die Hand zu nehmen brauchte – und schwuppdiwupp stand das „Goldene Zeitalter“ wieder auf.
Auf Dalís gleichnamigem Aquarell, das jetzt Zentrum und Höhepunkt einer ziemlich dichten Künstlerhaus-Schau seiner Illustrationen zur Weltliteratur bildet, muss man sich den Zauber schon selbst zusammen suchen. In der Ferne erscheinen mythologische Szenen wie der Raub der Europa oder das Urteil des Paris, filigran gestichelt wie die für Quijote typischen Windmühlen. Und allerlei Kleckse. Der schrägste Vertreter surrealistischer Rundumgestaltung experimentierte mit dem Tachismus. Entscheidender ist allerdings, dass es Dalí mit den Inhalten der von ihm gestalteten Bücher nicht so genau nahm. Zuweilen hatte er sie noch nicht einmal gelesen.
Doch egal, in den 370 Exponaten (samt Druckstöcken, -platten etc.) aus der Sammlung des mit Dalí befreundeten Richard H. Mayer aus Bamberg lernt man einen bibliophilen Grafiker kennen, der sich lässig zwischen „Alice im Wunderland“, Casanova und Mérimées „Carmen“ bewegt hat. Grazil im Strich, aber mindestens so drastisch wie in der Malerei.
Münchner Künstlerhaus am Lenbachplatz 8, bis 15. September, Mo bis So 10 bis 18, Mo bis 22 Uhr, Katalog 5 Euro
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