Die Prozession der Pharaonen
Die Schlangen vor dem Lenbachhaus müssen mächtig Eindruck gemacht haben auf Sylvia Schoske. Natürlich träumt die Direktorin des Staatlichen Museums Ägyptischer Kunst von mindestens so einem Ansturm, wenn am 11. Juni, also in genau vier Wochen, die Tore ihres neuen Prachtbaus aufgehen. Vor allem hofft sie aber, dass die Eröffnung an der Gabelsbergerstraße logistisch gut über die Bühne geht – in der Auftaktwoche ist der Eintritt frei und das Museum bis abends um acht offen.
In einer Hinsicht dürften Schoske und ihr Mini-Team allerdings im Vorteil sein: Die alten Ägypter residieren großzügig, mit bürgerlicher Intimität wie in der städtischen Lenbachvilla hatte man’s eh nicht so bei den Pharaonen. Also werden sich die ersten drängenden Besuchermassen gut verteilen im unterirdischen Museumsreich.
Problematisch könnte allenfalls der Run auf die sensationellen neuen Medienstationen werden. Etwa beim schier endlosen Totenbuch, das zu vermitteln selbst erfahrenen Ägyptologen den Schweiß auf die Stirn treibt. Mit einem flexiblen Bildschirm kann man die einzelnen Abschnitte abfahren – ganz nach Wunsch werden mehr oder weniger tiefgehende Informationen serviert. Weltweit dürfte das bislang einzigartig sein. Überhaupt wird eine Menge experimentiert im medialen Bereich, Wissen nach Bedarf vermittelt, quasi auf Knopfdruck oder besser: Berührung. Und dass man zeitgenössisch denkt, vermittelt dann auch Maurizio Nannuccis Lichtinstallation „All art has been comtemporary”, die Berlin-Kenner bereits am Alten Museum erspäht haben könnten (auch die Lenbachvilla ziert ein Schriftzug des Italieners).
Der Countdown läuft, die meisten Objekte stehen frisch gesockelt und nach Themen geordnet: vom Pharaonen-Raum über Religion oder Schrift bis zur Reise ins Jenseits. Besucher werden im neuen Haus also nicht mit trockenen Chronologien gequält.
Und weil man am alten Ausstellungsort, also in der Residenz, bis zum letzten Tag präsent sein will, gibt’s dort am 9. Junieine Finissage mit anschließender Prozession zum Neubau. Mal sehen, was sich Zeremonienmeisterin Ruth Geiersberger einfallen lässt. Üben können die katholischen Münchner jedenfalls schon ein paar Tage zuvor an Fronleichnam...
Ägyptisches Museum, Gabelsbergerstr. 35, 11. bis 15. Juni 2013 10 bis 20 Uhr, Eintritt frei, danach Dienstag 10 bis 20, Mittwoch bis Sonntag 10 bis 18 geöffnet, Eintritt 7, sonntags 1 Euro
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