Dalí und Hitchcock im Gasteig
Natürlich, die Augen. Alles ist hier voller Augen und gipfelt auf der Bühne der Philharmonie in einer riesigen Szenografie: Auf 55 Quadratmetern tut sich ein Meer von Augäpfeln auf, manchmal mit Wimpern versehen, die wie Sicheln an den Lidern kleben - oder an die spindelspitz gezwirbelte Moustache von Salvador Dalí erinnern. Der Super-Surrealist hat dieses Bild für eine kaum dreiminütige Traumsequenz in Alfred Hitchcocks Psycho-Thriller "Spellbound" ("Ich kämpfe um dich") entworfen.
Jetzt weitet sich das bizarre Gipfeltreffen von Kunst und Kino zu einer kompletten Ausstellung, in der die Psychoanalyse kräftig mitmischen darf. Dalí hat in den 1920er Jahren die Schriften Sigmund Freuds entdeckt und war geradezu besessen von den Erkenntnissen. Das Œuvre des exzentrischen Spaniers kündet in einer Tour davon, rund um die Philharmonie demonstrieren das typische Skulpturen wie das Nashorn mit den endlosen Beinen, nackte Körper samt Schubladen, Spiegeleier, fließende Uhren oder ein verdrehter (!) Christus.

Das Werk zweier Angsthasen
Veranstalter Nepomuk Schessl spricht von Werken im Wert von rund 30 Millionen Euro, die freilich versichert werden müssen. Daher rührt auch, dass an famoser Grafik nicht gespart wurde. Die Skizzen für die Filmszene gehören dabei zu den Raritäten, und man fragt sich tatsächlich, wie die Egomanen Hitchcock und Dalí überhaupt zusammenarbeiten konnten. Womöglich, weil beide in Wirklichkeit Angsthasen waren? Muttersöhnchen mit dominanten Ehefrauen? Und weil sie - all das kompensierend - sehr wohl wussten, wo es im Leben hakt?
Dass in "Spellbound" ein schweres Trauma im Mittelpunkt steht, dürfte beide "beflügelt" haben. Und Hitchcock wollte partout keine nebulös verwuschelten Traumbilder zeigen. Dalí kam ihm mit seinen klaren Konturen und den lang gezogenen Schatten gerade recht, um "Klarheit" und zugleich ein Mysterium in seinem Krimi zu etablieren.
Auf Freuds Therapie-Couch
Der Thriller handelt übrigens von einer jungen Ärztin, gespielt von einer etwas hausbackenen Ingrid Bergman, und einem psychisch Kranken - Gregory Peck in umwerfend smarter Form -, der sich für einen Mediziner hält und zudem glaubt, einen Mord begangen zu haben. Das wiederum spielt einem echten Killer in die Karten, doch Dr. Constance Petersen, die sich sofort in den Schönling verknallt hat, kann alles aufklären. Mit Hilfe der Traumdeutung. Was sonst.

Man muss diesen leicht im Netz abrufbaren Film nicht unbedingt kennen, aber er ist eine gute Voraussetzung, um Dalís zentrale wie eindringliche Szene und die Mittel der Psychoanalyse besser zu verstehen: Von Freuds Therapie-Couch mit dem berühmten Perserteppich aus gleitet man via Virtual Reality durch Ausschnitte aus "Spellbound" und rauscht wie im Traum durch die Welt.
Hologramm mit zwei Großmeistern
Wem diese Simulationen zu verwirrend sind, darf sich über ein Treffen der beiden Großmeister amüsieren - ein Hologramm macht's möglich. Da kommt dann schon durch, dass sich Dalí und Hitch nicht wirklich grün waren. Hätte uns auch gewundert.
Philharmonie im Gasteig, bis 21. April täglich von 10 bis 21 Uhr, Karten ab 20 Euro, div. Ermäßigungen, www.alegria-exhibition.de