Comic-Festival in München: Dinos, Katzen und ein Känguru

Die Alte Kongresshalle hatte schon was. Man wandelte durch einen anregenden 50er-Jahre-Bau, glitt Comic-berauscht in den nahen Biergarten und traf gleich wieder auf die üblichen Verdächtigen der Szene, die darüber sinnierten, ob man Steckerlfisch und Schweinsbraten nicht doch endlich eine Hommage zeichnen sollte.
Oder Marvel-Helden mit Obatzda füttern müsste. Ein bisschen Wehmut ist also dabei, wenn das Münchner Comic Festival nun in den praktischen Ausweich-Gasteig HP8 zieht.
Kann sich sehen lassen: Das Münchner Comic-Festival
Aber natürlich, die Möglichkeiten sind andere, und zusammen mit der Stadtbibliothek im Motorama (Rosenheimer Straße 30-32) sowie den Partner-Institutionen quer durch die Stadt kann sich der Münchner Comic-Event mittlerweile neben dem Erlanger Comicsalon sehen lassen. Das demonstriert auch der folgende Überblick.
HURZLMEIERS ZEICHNEREI
Die Welt des Rudi Hurzlmeier ist so herrlich absurd, dass man sie gar nicht mehr verlassen möchte. Außer eine seiner Monsterfliegen ist unterwegs, oder diverse Kerbtiere erhalten einen eigenen Zoo. Nächste Woche erscheint ein "Best of" im Antje Kunstmann Verlag (240 Seiten, 25 Euro), das die Hu'sche Vielfalt vor Augen führt.

Vom klassischen Kalauer bis zur wohltuend despektierlichen Kunst-Analyse. "Fuck Blaue Periode" ist ein passender Kommentar zum Picasso-Jahr, manches ein klein wenig aus der Zeit gefallen, das Außerirdische dafür reizvoll surreal. Und überhaupt wird der Band zum Schluss hin immer schräger. Gut so. Im HP8 ist Hurzlmeier eine Ausstellung gewidmet, das neue Buch liegt dort schon auf.
Lokales und Fremdes auf dem Comic-Festival in München
SCHWERPUNKT TSCHECHIEN
Jaromír Svejdík, der als Jaromir 99 im Einsatz ist, zählt zu den wichtigsten Comic-Künstlern Tschechiens und darüber hinaus. Der 60-Jährige erhält im Rahmen des Länderschwerpunkts eine veritable Präsentation im Tschechischen Zentrum (Prinzregentenstraße 7, bis 14. Juli, während des Comicfests Mi 13-17, Do und Fr 12-17 Uhr).
Sein Stil erinnert an Frank Schmolke, zumindest was die Landschaften betrifft. Gemeinsam mit Jan Novák hat Jaromir die Biografie der Turnerin Vera Cáslavská (die mit der sagenhaften Vogelnest-Frisur) geschaffen, die 1964 und 1968 insgesamt sieben Mal olympisches Gold abgeräumt hat und dann Anfang der 90er Jahre Beraterin von Präsident Václav Havel wurde.
LOKALE HELDEN
Frank Schmolke über die Schulter zu schauen, ist aufschlussreich. Auch wenn er "nur" mit seinem Konterfei eines seiner Bücher wie "Nachts im Paradies" (verfilmt mit Jürgen Vogel und bald als Streaming-Serie am Start) oder "Freaks" signiert, ist das aufwendige Präzisionsarbeit. Das Making-of seiner Graphic Novel "Der Augensammler" nach dem gleichnamigen Thriller von Sebastian Fitzek kann im Motorama verfolgt werden. Man bekommt so gleich eine Vorstellung davon, was es bedeutet, für die Archäologische Staatssammlung zwei Meter hohe Illustrationen zur künftigen Schau zu zeichnen.
Auch die Münchnerin Sabrina Schmatz ist in einer Ausstellung im Motorama präsent - mit Originalzeichnungen zu ihrer neuen Graphic Novel "München 1945" über eine bayerische Krankenschwester und einen US-Sanitäter. Eine eindringliche Liebesgeschichte in der vom Krieg zerstörten Stadt.
Münchner Comic-Festival: Ehrung des für die Großen des Comics
HABE DIE EHRE
Zwei Große des Comics werden geehrt. Einmal Gerhard Seyfried, der Chronist der links-alternativen Szene, dem im Valentin-Karlstadt-Musäum (Isartor) eine Retrospektive bereitet ist. Zum anderen Dino Florian Julino, den man vom "Fix und Foxi"-Heftl her kennt. Julino, der im Motorama gefeiert wird, hat für den "Kicker" die Uli-Folgen gezeichnet und den Pumuckl in die Comic-Form gebracht. Am Samstag, 20 Uhr, wird im Amerikahaus auch der Peng!-Preis vergeben - etwa an die famose Asterix-Übersetzerin Gudrun Penndorf.
DER ZEITUNGS-COMIC
Die Feuilletons mögen lange mit dem Comic gefremdelt haben, auf der anderen Seite trugen Zeitungen maßgeblich zur Popularität dieses Genres bei. Der Bauhaus-Künstler Lyonel Feiniger hat damit angefangen und prächtig verdient. Man denke genauso an Serien wie "Yellow Kid" oder "Krazy Kat". Entsprechendes ist neben Beispielen aus "Flash Gordon" oder Marc-Uwe Klings "Känguru"-Comics im Amerikahaus zu sehen, wo auch der gute alte Hägar einen gepflegten Auftritt hat (Karolinenplatz 3, bis 30. 9., Mi 10 - 17, während des Festivals Do bis So 10 - 20 Uhr).
VERLAGSMESSE
Für viele das Wichtigste: neuer Lesestoff. In guter Tradition sind im neuen Festivalzentrum HP8 - im Foyer, Saal X und im Generator - die Comicverlage vertreten. Man bekommt Aktuelles, alte Ausgaben, "Devotionalien".
COMIC FESTIVAL IM HP8
Das Festival im HP8 an der Hans-Preißinger-Str. 8, Donnerstag 12 - 20, Freitag und Samstag 10 - 19, Sonntag 10 - 18 Uhr; Eintritt frei, Programm auf comicfestival-muenchen.de