Bernhard Purin ist tot

Der Leiter des Jüdischen Museums am Jakobsplatz ist überraschend verstorben
von  Roberta De Righi
Bernhard Purin bei der Eröffnung des Museums.
Bernhard Purin bei der Eröffnung des Museums. © Schrader/picture-alliance/ dpa

Er war Museumsmensch mit ganzem Herzen. Dabei war Bernhard Purin nie ein abgehobener Wissenschaftler, sondern ein Vermittler, der nahbar und geduldig Zusammenhänge nachvollziehbar erklärte. Er formulierte nahezu druckreif, argumentierte reiflich überlegt - in der Sache unbeugsam, im Umgang freundlich - und rückte sich dabei niemals in den Vordergrund. Letzte Woche ist der langjährige Direktor des Münchner Jüdischen Museums plötzlich und unerwartet gestorben.

Bernhard Purin, geboren 1963 in Bregenz als Sohn eines Architekten, fand im Grunde durch kindliche Neugier auf seine Umgebung zu seinem Lebensthema: Im benachtbarten Hohenems erkundete er schon als Schüler das einstige jüdische Viertel. Er studierte Kulturwissenschaften und Neue Geschichte und baute Anfang der 1990er Jahre das Jüdische Museum Hohenems mit auf. 1992 wechselte er ans Jüdische Museum in Wien, wo er anderem mit der Ausstellung "Beschlagnahmt" die Auseinandersetzung mit der Raubkunst-Thematik aufs Tapet brachte.

Das Jüdische Museum (rechts) neben der Neuen Synagoge in München.
Das Jüdische Museum (rechts) neben der Neuen Synagoge in München. © picture-alliance/ dpa

Provokation im Dienst der Inhalte

1995 übernahm er die Leitung des Jüdischen Museums Franken in Fürth und Schnaittach, wo er etwa mit "Feinkost Adam" über antisemitische Stereotypen für Kontroversen sorgte. Dabei war schlichte Provokation seine Sache nicht; sie stand stets im Dienst der Inhalte, die er zu vermitteln suchte. 2002 wurde Purin als Gründungsdirektor des 2007 eröffneten Jüdischen Museums am Sankt Jakobsplatz berufen und leitete das Haus bis zu seinem Tod.

Bernhard Purin konnte auch scheinbar banale Gegenstände zum Sprechen bringen. Anhand von Objekten ließ er vor Augen und Ohren der Zuhörenden Geschichte, Geschichten und Schicksale lebendig werden, so wie 2018/19 in "Sieben Kisten mit jüdischem Material - von Raub und Wiederentdeckung 1983 bis heute". Noch immer zu sehen ist die vor einigen Jahren gemeinsam mit Co-Direktorin Jutta Fleckenstein neu konzipierte Dauerschau "Stimmen_Orte_Zeiten", wo sich anhand von sieben höchst unterschiedlichen Stationen mit Zeugnissen aus mehreren Jahrhunderten in der Zusammenschau ein facettenreiches Bild jüdischen Lebens in München erschließt.

Horizonterweiternd

Überhaupt konnte man unter Purins Ägide hier viele spannend und anschaulich aufbereitete, inhaltlich nie eindimensionale Ausstellungen sehen. Noch nicht lange her ist die anspruchsvolle Präsentation "Die letzten Europäer - Jüdische Perspektiven auf die Krise einer Idee". Multiperspektivisch, horizonterweiternd und Grenzen überwindend war auch "Sag Schibbolet - Von sichtbaren und unsichtbaren Grenzen", ein aus dem Museum in Hohenems (dem Purin stets verbunden blieb) übernommenes und für München überarbeitetes Projekt.

Am 17. April wird die letzte von Bernhard Purin kuratierte Ausstellung eröffnet: "Bildgeschichten. Münchner Jüdinnen und Juden im Porträt." Bis 3. März liegt im Jüdischen Museum ein Kondolenzbuch für den Verstorbenen aus.

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