Am Ganslberg: Eintauchen ins Leben Fritz Koenigs

Von Rossmenschen bis zu echte Pfauen:Das Anwesen des Bildhauers Fritz Koenig am Ganslberg bei Landshut steht jetzt als „Kosmos Koenig“ fürs Publikum offen
Roberta De Righi |
X
Sie haben den Artikel der Merkliste hinzugefügt.
zur Merkliste
Merken
0  Kommentare
lädt ... nicht eingeloggt
Teilen  AZ bei Google News
Der Vierseithof auf dem Ganslberg. Mitten auf dem Hof steht eine kleine Kugelkaryatide.
picture alliance/dpa 4 Der Vierseithof auf dem Ganslberg. Mitten auf dem Hof steht eine kleine Kugelkaryatide.
Fritz Koenig im Jahr 2002 mit dem Modell seiner „Großen Kugelkaryatide“. Die Bronze-Skulptur stand 30 Jahre lang vor dem New Yorker World Trade Center, ehe sie bei den Terroranschlägen am 11. September 2001 unter den Zwillingstürmen verschüttet wurde.
picture alliance/dpa 4 Fritz Koenig im Jahr 2002 mit dem Modell seiner „Großen Kugelkaryatide“. Die Bronze-Skulptur stand 30 Jahre lang vor dem New Yorker World Trade Center, ehe sie bei den Terroranschlägen am 11. September 2001 unter den Zwillingstürmen verschüttet wurde.
Schier endlose Weiten: Auch die Afrikahalle unweit vom Wohnhaus Fritz Koenigs am „Ganslberg“ kann man bis zum 27. Juli 2025 im Rahmen der Ausstellung „Kosmos Koenig“ besichtigen.
Armin Weigel/dpa 4 Schier endlose Weiten: Auch die Afrikahalle unweit vom Wohnhaus Fritz Koenigs am „Ganslberg“ kann man bis zum 27. Juli 2025 im Rahmen der Ausstellung „Kosmos Koenig“ besichtigen.
Ein Pfau schlägt vor Fritz Koenigs Anwesen am Ganslberg sein Rad.
Armin Weigel/dpa 4 Ein Pfau schlägt vor Fritz Koenigs Anwesen am Ganslberg sein Rad.

Wie muss es gewesen sein, morgens aufzustehen, und aus dem Fenster auf diese von Bäumen gesäumte, sanft gerundete Wiese zu schauen, auf der zwischen Bronze-Plastiken Pfauen umherspazieren? Eine scheinbar vollkommene Idylle - und ein koeniglicher Ausblick.

Der Bildhauer Fritz Koenig (1924-2017) hat ihn für sich und seine Frau Maria erschaffen, auf seinem Anwesen am Ganslberg in Altdorf bei Landshut. Jetzt kann man selbst einen Blick aus dem Schlafzimmer des Meisters werfen: Bis 27. Juli stehen Haus und Hof freitags bis sonntags dem Publikum offen.

Der Landshuter Jahrhundertkünstler, Pferdenarr und Araberzüchter, der am Juni 2024 hundert geworden wäre, erwarb 1959 das unbebaute Stück Land zwischen Hügeln, bzw. eigentlich kaufte es seine Frau. Hier musste das nicht vorhandene Baurecht schon damals kreativ ausgelegt werden, um mitten in der Natur ein Wohn- und Ateliergebäude zu errichten, das später zum Pferdezucht-Gestüt wurde: Hier wurden 180 Fohlen geboren.

Am Anfang war die Kugelhalle - für den Auftrag in New York


Es entstanden in mehreren Etappen das Wohnhaus, mit dem Architekten Karl Foerstl die Werkstatt, später die Kugelhalle (1969), Stallungen (1970) und die Afrikahalle (1983) - wo Koenig seine umfangreichen Sammlungen von Artefakten aus Afrika aufstellte. So entstand ein über die Jahre gewachsenes, einzigartiges Ensemble aus Kunst, Leben, Architektur und Natur, das man jetzt erstmals selbst in Augenschein nehmen kann.

Am Anfang, am niedrigsten Punkt des Areals, steht die Kugelhalle. Koenig errichtete sie 1968 eigens für das Gips-Modell der rund acht Meter hohen „Großen Kugelkaryatide“ nachdem er den Auftrag für die Brunnen-Skulptur auf der Plaza des New Yorker World Trade Center bekommen hatte. Von hier aus läuft man unter Bäumen den Hügel empor, bis man frontal vor dem modern interpretierten Mehrseithof steht.

Das Gehöft fügt sich perfekt ins Gelände ein

Zweigeschossig und kompakt fügt sich das Gehöft ins Gelände ein. Zur Linken des zentralen Innenhofs befindet sich das Wohnhaus, rechts die ehemaligen Ställe der Hengste, in der Mitte öffnet sich der Werkstattbereich, an den links das Atelier anschließt, rechterhand folgt der Fohlenstall.

Und auch von innen kann man die Lebenswelt der Koenigs erkunden: Die Einrichtung ist zugleich karg, puristisch und edel, fast alles aus Holz. Eindrucksvoll ist gleich neben dem Eingang die riesige Küche, in der „die Maria“ waltete. Die dafür sorgte, dass niemand verhungerte, außerdem alles Lebenspraktische organisierte - und dabei auch noch die ewigen Eskapaden ihres Mannes ertragen musste. Und nicht immer stoisch.

Der Blick aus dem Fenster: Idylle!


Von den Gemeinheiten des Alltags fühlte man im offenen Wohnbereich vermutlich gleich sehr weit weg: Durchs Panoramafenster fällt wieder der Blick auf die Wiese. Eingebettet in die Landschaft standen hier wechselnde Plastiken, jetzt wurde ein repräsentativer Querschnitt wiederaufgestellt: Da reihen sich lose der „Rossmensch“, ein „Großes Paar“, „Poseidon“, „Rossweib“ und die „Zwei“ den Hügel hinauf. Auch die drei Pfauen sind noch oder wieder da.

Weiter geht der Erkundungspfad noch zur Afrikahalle, von wo aus man auf die weite einstige Stutenkoppel blicken kann. Als Anfang der 1980er Jahre die Autobahn gebaut wurde, war dieser Einbruch der Zivilisation in Koenigs Idylle eine Katastrophe. Die Waldkoppel wurde durchschnitten, mit der Ruhe war es dahin.


Und die Pferde fehlen heute natürlich - ebenso die Afrika-Sammlung, um die es nach Koenigs Tod einige Ärger gab, und die sich in weiten Teilen im Koenig-Museum im Landshuter Hofberg befindet. Diese Leerstellen werden konzeptuell gefüllt mit Film- und Tonmaterial des 2024 verstorbenen Regisseurs Percy Adlon, seit seinem ersten Dreh bei Fritz Koenig Freund und häufiger Gast am Ganslberg.

Und es lohnt sich, zuzuhören, um noch mehr über den Menschen Koenig zu erfahren, etwa von der langjährigen Haushälterin Wally Seelmann, die das Haus auch nach dessen Tod weiter pflegte. Freundlich als „Meister der Verblüffung“ beschreibt ihn Dieter Wieland, weil jener gerne unerwartete Antworten gab und sein Gegenüber vor den Kopf stieß.

Und der ohne Maria überhaupt nicht mit Geld umgehen konnte. Nach deren Tod 2010 hatte er kaum Überblick über seine Verkäufe. Gemeinsam aber hatten sie bereits 1993 die Fritz- und Maria-Koenig-Stiftung gegründet, in deren Besitz das Areal auch heute ist. Nach Koenigs Tod war allerdings unklar, was mit dem Ensemble passieren soll. Seit 2021 steht es unter Denkmalschutz, seither wird auch intensiv über die Nachnutzung nachgedacht. Jetzt soll die temporäre Öffnung auch zeigen, was hier in Zukunft möglich ist.

Wird aus dem Ganslberg eine Villa Massimo?

Für das künstlerische Nutzungskonzept ist Christian Schnurer, Vorstand im Berufsverband Bildender Künstler*innen Bayern zuständig. Neben offenem Atelier, Führungen und einem regelmäßigen Angebot an Workshops für Kinder und Jugendliche schwebt ihm auch eine Art Residency für sechs Künstlerinnen und Künstler vor. Eine Art Villa Massimo in Niederbayern - Wohnen und Arbeiten in Koenigs Gefilden.

Die öffentliche Anbindung ist allerdings noch miserabel. Die Verlängerung der Buslinie 1 oder 8 um eine Station könnte da schon Abhilfe schaffen. Dann wäre der Weg von Koenigs Museum am Hofberg zum Domizil am Ganslberg wieder ein Rössl-Sprung.

Kosmos Koenig, bis 27. Juli, Fr bis So 10 -18 Uhr, (Ganslberg 24, Altdorf); Infos auf: www.ganslberg.museen-landshut.de

  • Themen:
Lädt
Anmelden oder registrieren

Zum Login
Zu meinen Themen hinzufügen

Hinzufügen
Sie haben bereits von 15 Themen gewählt

Bearbeiten
Sie verfolgen dieses Thema bereits

Entfernen
Um "Meine AZ" nutzen zu können, müssen Sie der Datenspeicherung zustimmen.

Zustimmen
 
Noch keine Kommentare vorhanden.
merken
Nicht mehr merken
X

Sie haben den Inhalt der Merkliste hinzugefügt.