"A Day with David Bowie" und "Star Wars" im Pineapple Park

Am 8. September 1994 besucht Weltstar David Bowie gemeinsam mit Brian Eno das Art Brut Center in Gugging, eine Nervenklinik nördlich von Wien. André Heller ist als Reiseführer und Vermittler mit von der Partie sowie seine Freundin, die Fotografin Christine de Grancy.
Sie weiß nichts von Bowies Halbbruder Terry: Der um zehn Jahre ältere Terrence Burns stand Bowie zeitlebens sehr nahe. Terry brachte dem jungen David zeitgenössische Musik und Kunst nahe. Als aber Bowies Karriere Ende der 60er-Jahre Fahrt aufnahm, wurde die bei Terry diagnostizierte Paranoide Schizophrenie schlimmer. Er wurde Vollzeitpatient in der Nervenklinik Cane Hill in Croydon. 1985 nahm sich Terry mit nur 47 Jahren das Leben. Terrys Tod schwingt mit in dieser faszinierenden Ausstellung, die einerseits die Nachdenklichkeit und Ruhe ausstrahlenden Schwarz-Weiß-Fotografien Grancys in den Mittelpunkt rückt, andererseits die Kunst, die Art Brut der Patienten von Gugging eindrucksvoll präsentiert.

Die Diskretion der Foto-Künstlerin
Der Tag in Gugging mit Bowie war für Grancy keine Auftragsarbeit, sondern Freundschaftsdienst. Die Negative verschwanden für viele Jahre in ihrem Archiv. Auch nach Bowies Tod im Januar 2016 - kurz nach Erscheinen seinen Albums „Black Star“ - ging Grancy damit nicht an die Öffentlichkeit. Diese Diskretion der Foto-Künstlerin zeigt sich auch auf den Bildern der Ausstellung. Grancy bewegt sich unscheinbar zwischen den Klienten der Klinik und den drei Künstlern Bowie, Eno und Heller. Letztere beachten sie kaum, konzentrieren sich stattdessen auf die Werke der Künstler.

Bowie macht sich viele Notizen, zeichnet selbst, sammelt Material für seine nächste Schallplatte: „Mein Besuch in Gugging war teilweise die Grundlage für das Album“, sagt Bowie später in einem Interview für die im September 1995 erschienene LP „Outside“. Schon im Titel stellt er damit den Bezug zur Art Brut, zur Outsider-Kunst her.
André Heller erklärt die Kunst der Patienten
Am 9. September 1994, am Tag nach dem ersten Besuch mit Eno, Grancy und Heller geht Bowie noch einmal nach Gugging. Dieses Mal ist er allein. Keine Kamera, keine „normalen“ Künstlerfreunde, nur er und die „Außenstehenden“, die gleichzeitig die „Insassen“ sind und ihre Werke. Vollkommen ungestört lässt dieses Mal Bowie die Kunst der vermeintlich Kranken auf sich wirken. Bowie kauft später mehrere Bilder der Gugginger Künstler und lädt sie bei einem Konzert in Wien in den Backstage-Bereich ein.
Das Besondere dieser Ausstellung sind nicht zuletzt die Kommentartafeln Grancys neben jeder Fotografie. Es handelt sich um Grancys handschriftliche Notizen, die sie kurz vor ihrem Tod im März 2025 für die Ausstellung verfasst hat. Sie sind nicht immer leicht zu entziffern, befinden sich aber transkribiert in einem Büchlein mit den Fotos, das im Eintrittspreis enthalten ist. Wer diesen unvergesslichen Tag mit Bowie nach der Ausstellung vertiefen will, kann Uwe Schüttes Buch „Sternenmenschen - Bowie in Gugging“ lesen.
Was hat Bowie mit "Star Wars" zu tun?
David Bowie wurde mit „Space Oddity“ bekannt oder als „Ziggi and the Spiders from Mars“. Forschende in Sachen „Star Wars“ stellen zahlreiche Bezüge zwischen ihren und Bowies Weltenräumen her. So dienten etwa die Zeilen Bowies „Ground control to Major Tom, your circuit’s dead, there’s something wrong. Can you hear me, Major Tom?“ und „Tell my wife I love her very much, she knows“ als Grundlage für Sätze in Star Wars wie: „Luke, you’ve turned off your targeting computer! What’s wrong?“ oder Harrison Fords Antwort „I know“ nachdem Leia ihrem Han gestanden hatte, dass sie ihn liebt. Noch deutlicher werden die Bezugspunkte durch den Film „Labyrinth“ von 1986, der von George Lucas produziert wurde. In der Hauptrolle: David Bowie als Koboldkönig Jareth.

Direkt neben dem Eingang zur Bowie-Expo befindet sich dann auch noch der Eingang zur zweiten Ausstellung: „The Fans Strike Back“. Der erste Hingucker steht schon direkt hinter der Kasse hoch oben mit leuchtendem, langsam schwenkendem Schwert: Meister Yoda prophezeit im Yoda-Slang: „Frohe Weihnacht Du wirst haben“ („Merry Christmas you will have“). Es folgen viele weitere Hingucker: Sechs Sattelschlepper waren notwendig, um die über 700 Fan-Sammlerstücke wie Speeder, Fighter und Droiden, lebensgroße Figuren, detailgetreue Dioramen, Kostüme und Requisiten „aus der weit, weit entfernten Galaxis“ nach München zu transportieren.
Die Exponate wurden von Sammlern aus aller Welt gebastelt und zusammengetragen. Filme, interaktive Elemente und Multimediatechnik locken die Besucher in fremde Galaxien, verwickeln sie in Raumschlachten und ermöglichen Begegnungen mit Darth Vader, Boba Fett oder Grogu Baby Yoda.
Besonders beeindruckend ist die lebensgroße Nachbildung eines Podracers, die R2-D2 Kollektion oder das Arsenal an Lichtschwertern. Wortwörtlich erschütternd sind die ruckelnden Sessel, die den VR-Brillenträger so richtig durchschütteln. Zur Eröffnung war ein Cosplayer-Team aus Österreich angereist. Begegnen den Besuchern im Star Wars Labyrinth plötzlich die legendären Figuren persönlich, erhöht das den Reiz der Ausstellung. Es wäre wünschenswert, dass sich der Pineapple Park in den kommenden Wochen zu einem Hotspot für Bayerische Star Wars Cosplayer entwickelt.
„Tu es, oder tu es nicht. Es gibt kein versuchen!“ Dieses Yoda-Zitat ist Antrieb für Fans. Und dem Glam-Rock-Star und Verwandlungskünstler David Bowie würden Star Wars Darsteller auch in seinen Rollen als Ziggy, als Jareth und letztlich als Blackstar gefallen.
Ausstellungen: „The Fans Strike Back“ - Ein galaktisches Ereignis rund um die Jedi-Saga. Von Fans für Fans“ und „A Day with David Bowie“: beide im Pineapple Park (ehem. Paketpost-Areal, Bauteil 3, Arnulfstr. 195, S-Bahn Hirschgarten), bis 28. Februar, täglich 10.30 bis 19.30 Uhr. Je Ausstellung: 16 Euro, Kinder: 9 Euro, Fr - So, Flex- und Familientickets möglich.
Buch: Uwe Schütte: „Sternenmenschen - Bowie in Gugging, mit Fotografien von Christine de Grancy“ (Starfruit, 248 Seiten, 26 Euro)