Kraftmenschen aus Übersee
Würde man das Verstreichen der Zeit an LaBrassBanda messen, man könnte Angst bekommen. Noch 2008 konnte man sie im kleinen Ampere sehen. Über ihren Auftritt im dreimal ausverkauften Circus Krone hat Marcus H. Rosenmüller im Oktober 2009 eine Konzertdokumentation gedreht. Ihre jetzt erschienene Live-CD mit DVD dokumentiert den Auftritt in der Olympiahalle im Dezember letzten Jahres.
Stefan Dettl hat gerade sein zweites Soloalbum veröffentlicht. Dieses Jahr hat man es langsamer angehen lassen. Spielte auf Southside, fährt jetzt noch nach Budapest und Leipzig und ist dann am 26. August auf dem Chiemsee Reggae Summer. Man spürt, dass der Erfolg eine Zentrifuge ist und dass an dieser Gruppe die Fliehkräfte ziehen und zerren. Schlägt man das Pappcover der CD-DVD auf, man blickt auf Menschenmassen, ein Mosaik aus stecknadelgroßen Köpfen. Wenn die Kamera von der Bühne blickt, verschwimmt das Ende des Publikums im Ungefähren. Diese Chiemgauer Jungs und die Masse – das hat immer auch etwas Irreales.
Als Live-CD und somit aus einer Zeitdistanz gehört, wird dieser Auftritt zu einer Erfahrung, die die Studioalben ergänzt. Schon im ersten Song „Bierzelt” hat die Band ein Tempo, dass Dettls Gesang atemlos macht. In „Schuikalier” wird die Rap-Einlage zum Highspeed-Dancehall-Toasting. Alles eine Frage der Krafteinteilung. Und wenn LaBrassBanda in „Da Dub” und „Byindi” vom Gas gehen, treten fast meditative Momente der Ruhe aus dem Tackern der heißgelaufenen Bläser.
Einer der frühen Kracher, „Autobahn”, „Rotes Hoserl” – LaBrassBand sind einerseits eine Band, die mit exzessivem körperlichen Kraftaufwand das Publikum auf eine andere Begeisterungsstufe hebt. Andererseits hat man mittlerweile Möglichkeiten, die Kraft zu schonen. Erstaunlich, welche Präzission in der Geschwindigkeit diese Band mittlerweile hat.
LaBrassBanda: „Live. Olympiahalle München” (Trikont)
