"Kleiner Mann, was nun?" im Tams-Theater
Die Arbeiter tragen Opel-Blitze am blauen Kittel und unter der Werkbank stapeln sich Quelle-Pakete. Doch die Geschichte, die im Tams-Theater gespielt wird, ist von 1932: Mit „Kleiner Mann, was nun?“ eröffnete das Theater Apropos das Festival Grenzgänger mit Schauspielproduktionen behinderter Menschen.
Der Roman von Hans Fallada erzählt aus den Zeiten der Weltwirtschaftskrise der 1920er-Jahre, aber der jüngste Zusammenbruch der globalen Finanzmärkte macht das Schicksal vom gutmütigen Hans Pinneberg und „Lämmchen“, seiner tapferen Frau, zum aktuellen Stoff, deren Bezüge zum Heute nicht lange gesucht werden müssen.
Mit ihrem Theater Apropos, einer ambitionierten Amateurgruppe aus psychisch Erkrankten und ihren Betreuern, inszenierte Tams-Theater-Chefin Anette Spola auf Basis der Bühnenbearbeitung von Tankred Dorst eine anmutige, leicht surreale Liebesgeschichte in schweren Zeiten. Die Spieler nutzen ihr Handicap für ein direktes Spiel, das die Figuren ungewöhnlich durchlässig macht und sie doch auch mit Geheimnis und Rätsel umgibt, wie es ein nichtbehinderter und ausgebildeter Schauspieler kaum herstellen kann. So erlebt der Zuschauer aus ungewohnter Perspektive ein kleines Glück und großes Verliebtsein.
Mathias Hejny
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