"Widows - Tödliche Witwen": Was machen Frauen denn anders?

Steve McQueens perfekter, intelligenter Krimithriller "Widows – Tödliche Witwen" ist atemberaubend und auf der Höhe der Zeit. Die AZ-Kinokritik.
Adrian Prechtel |
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Konspiratives Treffen in der Sauna: Michelle Rodriguez, Viola Davis, Elizabeth Debicki (v.l.).
20th Century Fox Konspiratives Treffen in der Sauna: Michelle Rodriguez, Viola Davis, Elizabeth Debicki (v.l.).

Dass Frauen nicht immer Unschuldsengel sind, ist klar. In "Widows – Tödliche Witwen" ist die Grundstory aber komplexer. Denn hier drehen vier Frauen ein Ding, weil die Männer sie in eine krasse Situation gebracht haben. Gemeinsam ist den vier Chicagoerinnen nämlich, dass der letzte Coup ihrer Männer, vor deren "Geschäften" sie bequem die Augen verschlossen haben, schief ging. Jetzt werden sie erpresst und müssen selbst ran.

In so einer Konstellation stellt sich - vor allem in diesen politisch korrekten Zeiten - die Frage, wie in diesem Kriminalthriller die Frauenfiguren gezeichnet sind. Und darauf gibt Steve McQueen, der politische, schwarze Brite mit Oscar-Erfolgen ("12 Years a Slave", "Shame", "Hunger"), klare Antworten: Frauen können genauso hart sein, aber bei ihnen gibt es instinktive Gewalthemmungen. So sind ungeplante Tote für sie schockierende Kollateralschäden und überhaupt der raffinierte Coup kein großer Gaunerspaß, um cool seine Überlegenheit zu demonstrieren, sondern ein Befreiungsschlag aus einer Zwangslage.

Widows: Packendes, bestes Hollywood-Kino

Und der ist eine harte Schule der Emanzipation. Die Frauen unterschiedlicher Ethnien und Schichten (Viola Davis , Michelle Rodriguez, Elizabeth Debicki und Cynthia Erivo) müssen hier nicht mehr nur sexy und schön sein, sondern vor allem charakterstark. In sofern ist "Widows" unverkrampft natürlich ein Film auf der Höhe der Zeit.

McQueens Thriller ist packendes, bestes Hollywood Kino und die "Gone Girl"-Autorin Gillian Flynn schrieb dafür ein extrem raffiniert gebautes Drehbuch mit wunderbar unvorhersehbaren Wendungen. Gleichzeitig gelingt im Hintergrund ein Gesellschaftsthriller.

Widows ist kein verbissener Frauenfilm

Denn in Chicago herrscht Wahlkampf – mit Colin Farrell als wendigen Bürgermeisterkandidaten, der sich gegen einen schwarzen, ebenfalls kriminellen, Underdog-Kandidaten aus den schlechteren Vierteln herumschlagen muss. Dabei rechnet der Gangsterfilm mit allen Institutionen als extrem korrupt, mafiös und käuflich ab: Politik, Kirche, Polizei.

"Widows" ist nicht nur handwerklich hervorragend abgedreht und auch in den Nebenrollen (Liam Neeson und Robert Duvall) spitzenbesetzt, sondern findet für die amerikanische Gesellschaft in einer dekadenten, desperaten Spätphase auch atmosphärisch beeindruckende, coole Bilder – von der ersten bis zur letzten Sekunde.

Bleibt die Frage, wie man sich als männlicher Zuschauer in der neuen Frauendominanz fühlt: Hervorragend. Denn dieser Film ist kein verbissener Frauenfilm. Er ist einfach ein intelligenter Krimithriller, in dem jetzt halt die Frauen am Drücker sind. Und was vermisst man? Nichts!


Kino: Gabriel, Leopold, Mathäser (auch OV) und Atelier, Monopol (OmU) sowie Cinema, Museum (OV) | B&R: Steve McQueen (USA, 130 Min.)

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