Vom Gießen des Zitronenbaums im Kino: Im Westen nichts Gutes

In "Vom Gießen des Zitronenbaums" reist ein Palästinenser nach Paris und New York: Was er erlebt, ist oft lustig, vor allem aber traurig.
von  Margret Köhler
Regisseur Elia Suleiman spielt auch die Hauptrolle: einen Künstler, der ebenfalls Elia heißt. Der erlebt in New York und Paris allerlei Absurdes, etwa wenn Polizisten ein Café abriegeln.
Regisseur Elia Suleiman spielt auch die Hauptrolle: einen Künstler, der ebenfalls Elia heißt. Der erlebt in New York und Paris allerlei Absurdes, etwa wenn Polizisten ein Café abriegeln. © Neue Visionen Filmverleih

Eine Plaudertasche ist er sicherlich nicht. Nur ein paar Worte fallen während der Reise dieses Mannes durch eine ihm fremde Welt. Die ist nicht mehr, was sie mal war, wie auch der eigene Garten in Nazareth, in dem die Nachbarn das Kommando übernommen haben.

Der Künstler Elia verlässt seine Heimat Palästina, mit Strohhut auf dem Kopf, altmodischer Brille auf der Nase und melancholischem Blick geht es über Paris nach New York. Der palästinensische Filmemacher lächelt nur einmal, als sich ein kleiner Vogel in sein Hotelzimmer verirrt. Die Freude und Freiheiten des Westens lösen sich in Wohlgefallen und den üblichen Shoppingmalls auf.

"It must be Heaven"

An surrealen Szenen fehlt es nicht bei der Suche nach Identität und Stabilität. Der ironische Originaltitel "It must be Heaven" trifft ins Schwarze. In der Seine-Metropole wimmelt ihn der Produzent für seinen nächsten Film ab, die Idee sei nicht "palästinensisch" genug. Eine Komödie über den Frieden im Nahen Osten interessiert keinen Geldgeber. Erwartet wird eher ein Drama, das Klischees bedient: mit Palästinensern als bedauernswerte Opfer.

Im Café sperren akribisch-tumbe Polizisten die Terrasse, auf den Straßen tanzen erst sexy Pariserinnen, dann rollen Panzer und am Himmel fliegen Düsenjäger: Vorbereitungen für den 14. Juli, den französischen Nationalfeiertag.

Elia Suleiman: Regie und Hauptrolle

In New York verwirren ihn die Massen, die im Supermarkt Waffen kaufen und damit über die Straßen spazieren. Dazu noch Polizeipräsenz, Sicherheitskontrollen und Alarmsirenen – fast wie zu Hause in Palästina. Wenn mal ein Taxifahrer fragt, woher er kommt, ist das schon die Spitze an Interesse. Von Palästina und den damit verbundenen Problemen will niemand etwas hören oder sehen.

Elia Suleiman liefert einen Fast-Stummfilm über die Absurdität des Lebens, erinnert in den lakonischen Passagen seiner lose verbundenen Episoden an den Humor und versteckten Tiefsinn eines Jacques Tati oder Buster Keaton, manchmal wirken sie kafkaesk.

Die Welt als Mikrokosmos von Palästina

Wie in seinen vorherigen Filmen ("Göttliche Intervention", "The Time That Remains") gibt es wenig Dialoge. Früher wollte er in seinen Werken Palästina als einen Mikrokosmos der Welt zeigen, jetzt versucht er, "die Welt zu zeigen, als sei sie ein Mikrokosmos von Palästina", so seine Worte.

Dabei spart er nicht mit Metaphern. Die Aneinanderreihung von größtenteils komischen Szenen, die sich leider etwas oft wiederholen, ist streckenweise witzig und unterhaltend, aber auch traurig.

Denn wirklicher Frieden und wirkliche Freiheit bleibt überall eine Chimäre. So kehrt er frustriert zurück. Und siehe da: Der Zitronenbaum blüht. Die Hoffnung stirbt zuletzt.


R: Elia Suleiman (F/D/CDN/TR, 102 Minuten)

Kinos: Arena Filmtheater, Theatiner Film

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