Kritik

Überflüssig, aber nett: „Lilo und Stitch“

Disney hat den Zeichentrick-Klassiker mit gezügelter Subversion neu verfilmt
Michael Stadler |
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Eine Szene aus dem Film „Lilo & Stitch“. Der Film kommt am 22. Mai in die Kinos.
Eine Szene aus dem Film „Lilo & Stitch“. Der Film kommt am 22. Mai in die Kinos. © picture alliance/dpa/Disney

Eine Sternschnuppe glaubt die kleine Lilo durch ihr Fenster zu sehen, kniet sich vor ihr Bett und wünscht sich einen echten Freund. Gemeinsam mit ihrer älteren Schwester Nani lebt sie auf der hawaiianischen Insel Kauai und tut sich schwer, Freunde zu finden, weil sie ein Wildfang ist.

Die Sternschnuppe ist jedoch ein Raumschiff, mit dem der Außerirdische Nummer 626 auf der Flucht ist. Ein Wissenschaftler, groß, mehräugig, hat bei seinen genetischen Experimenten 626 geschaffen, ein kleines, blaues Wesen, das nur Zerstörung im Kopf hat. Der Strafkolonie, zu der 626 von der galaktischen Föderation verbannt wird, konnte er entgehen, indem er das Raumschiff kaperte. Zu dumm nur, dass er auf die Erde knallt und in einem Tierheim landet. Dort tarnt er sich als Hund und wird von Lilo entdeckt. Die nimmt ihn zu sich - und tauft ihn Stitch.

So kommen „Lilo und Stitch“ zusammen, und sie haben einiges gemeinsam, weil sie beide Außenseiter sind. Als „böse“ wird Stitch bezeichnet, aber sehnt sich nach Anschluss, denn er hat keine Freunde, keine Eltern, ähnlich wie Lilo, deren Eltern bei einem Autounfall ums Leben kamen.

Ein Fremder wird integriert

Vor traurigen Todesfällen als „Backstory Wound“ hat Disney noch nie zurückgeschreckt, man denke nur an „Bambi“. Aber vom Glück familiärer Zugehörigkeit wird in „Lilo und Stitch“ dann doch erzählt. Das hawaiianische Wort „O’hana“ war bereits zentral in dem Zeichentrickfilm von 2002 und ist es auch in der Live-Real-Verfilmung. Maia Kealoha ist Lilo, Sydney Agudong ihre ältere Schwester Nani. Stitch ist jedoch computeranimiert. „O’hana“ heißt weiterhin Familie, und Familie heißt, „dass niemand zurückgelassen wird.“ Diese Botschaft ist umso schöner, wenn man bedenkt, dass Disney hier von einer Gemeinschaft träumt, in die ein Außerirdischer, ein Fremder im Exil, eingefügt wird.

Dabei ist der Integrationsprozess nicht leicht, weil Stitch erstmal nicht von seiner Zerstörungswut ablassen will. Aber Lilo erkennt sich in ihm wieder und kann mit seinem Temperament weitgehend gelassen umgehen. Nani jedoch muss dem Sozialamt beweisen, dass sie allein auf Lilo aufpassen kann. Dass sie ihren Job als Kellnerin verliert und bei mehreren Bewerbungsgesprächen scheitert, weil Lilo und Stitch ihren Hang zum Chaos nicht zügeln können, ist jedoch eher hinderlich.

Wo bleibt der Mehrwert?

Das Sozialamt meint es gut mit den beiden elternlosen Schwestern, aber vielleicht wäre es doch besser, wenn Lilo woanders hinkommt. Verkörperte im Zeichentrickfilm noch ein massiver Bodyguard-Typ den Sozialarbeiter, gibt es in der Realverfilmung gleich zwei Figuren, gespielt von Tia Carrere und Courtney B. Vance, der sich als CIA-Agent zu Carreres Sozialarbeiterin „under cover“ hinzugesellt.

Der Film macht insgesamt Spaß, aber die Frage bleibt, was eine Realverfilmung jenseits kommerzieller Überlegungen an Mehrwert bringen soll.Im Fall von „Lilo und Stitch“ feierte das Original von 2002 noch einmal nostalgisch die alte Disney-Zeichentrickkunst, die Szenenhintergründe wurden gar mit Wasserfarben gemalt. Der freche Charme von Lilo und Stitch spiegelte sich in der für Disney-Verhältnisse ungewohnt lässigen Handlungsführung und verspielt-leichten Animation. In achtzig Minuten war alles erzählt.

Das „Live Action Remake“ ist nun eine halbe Stunde länger, actionreich und witzig, fügt aber dem Original wenig Zwingendes hinzu. Dennoch surft man mit Lilo und Stitch gerne wieder mit, freut sich am hawaiianischen Flair und subversiven Geist, der am Ende stark gezügelt wird.

Regie: Dean Fleischer Camp (USA 108 Min.); Kinos: Astor Film Lounge im Arri, Cadillac, Cincennetti, Cinema (OV), Kino Solln, Leopold, Mathäser (auch OV), Museum (OV), Royal Filmpalast

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