Trotz Shitstorm: "Drachenzähmen leicht gemacht" ist als Realverfilmung fantastisch
Social Media kann so grausam sein. Kaum erschien der Film-Trailer von "Drachenzähmen leicht gemacht", schossen sich die Internet-Trolle auf die Wikingerin Astrid alias Nico Parker ein. Der simple Grund: Parker trägt im Gegensatz zum animierten Vorbild keine blonden, sondern dunkle Haare. So banal und ärgerlich die Debatte, so viel sagt sie auch über die Qualitäten des in Fankreisen als "unantastbar" geltenden Originals von 2010 aus. Aberwitzig ist jedoch, dass gerade die Aussage des Films: Toleranz zu zeigen und keine Angst vor Veränderungen zu haben, mit der Online-Polemik ad Absurdum geführt wird.

Der Macher der Animations-Trilogie aus dem Hause Dreamworks, Dean DeBlois, inszeniert nun auch den Realfilm nach der Vorlage von Cressida Cowell, die mit ihren bislang zwölf "Drachenzähmen"-Romanen auch genügend Stoff für lukrative Fortsetzungen geliefert hat.
Wohldosierter Humor statt Blutorgien
Seine Veränderungen im Plot sind wie erwartet eher kosmetischer Natur. Und dennoch gewinnt, im Gegensatz zu so manchem Disney-Remake, die Neuverfilmung an Kraft. Emotionaler und ernsthafter gestaltet DeBlois gerade den Vater-Sohn-Konflikt. Auf der einen Seite der starrsinnige Wikinger-Häuptling Haudrauf (Typ Macho mit Herz: Gerard Butler), auf der anderen sein sensibler, übermütiger Junge Hicks (Feingeist mit Öko-Moral: Mason Thames), der die ihm vorbestimmte Rolle des Drachentöters partout nicht annehmen und die Fabelwesen wie den abgestürzten Nachtschatten lieber schützen und zähmen will. Und damit schließlich auch seinem Vater beweist, dass ein friedliches Miteinander der Menschen und Tiere möglich ist.

An Profil gewinnt in der charismatischen Darstellung von Nico Parker auch die einzig weibliche Figur der Astrid, an der sich zeigt, dass sich auch tief eingegrabene Vorurteile aufbrechen lassen, wenn man nur das richtige Umfeld um sich weiß und eine gewisse Offenheit mitbringt.
Auch die umwerfende Ästhetik mit den bis in die Schuppen perfekt animierten, diesmal deutlich furchterregenderen Kreaturen verleiht dem Remake eine ungeahnte Dynamik, die in den Flugszenen einer wilden Achterbahnfahrt gleicht. Konsequent ist daher auch die neue, höhere Altersfreigabe (erst ab 12), die beim Familien-Zielpublikum jedoch hitzige Diskussionen auslösen könnte. Die Neuauflage des bekannten Stoffes ragt aus der Flut an Fantasy-Filmen durch Originalität heraus. Der Witz, die auf vordergründige Brutalität verzichtende Inszenierung, der Gedankenreichtum und das mitreißende Schauspiel sorgen für ein rundes Vergnügen.

Kino: Cadillac, Royal, Gloria, Leopold sowie Cinemaxx, Mathäser (auch OV) und Cinema, Museum (OV)
R: Dean DeBlois (USA, 116 Min.)
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