„The Neon Demon“: Der aggressive schöne Schein

Dass Frauen für Schönheit töten würden, ist ein altes Motiv, wie schon „Schneewittchen“ zeigt. Und die Lage an der Schönheitsfront hat sich in Zeiten von BMI-Wahn, Starkult und Fotoshop noch gewaltig verschärft. Der in den USA aufgewachsene Däne Nicolas Windig Refn treibt sie jetzt mit „The Neon Demon“ auf die Spitze, aber dabei den Schönheitsteufel nicht aus.
Erzählt wird die Geschichte einer berechnenden blutjungen Unschuld vom Lande (Elle Fanning), die mit einer geheimnisvollen Waisengeschichte nach Hollywood-Babylon geht und sich in einem Psycho-Motel einmietet. Ein Star-Fotograf entdeckt sie, nimmt sie unter Model-Vertrag, vögelt sie. Es wird ihr Siegeszug durch die lasterhafte, super-gestylte, extremstilisierte Hochglanzwelt. Der Film ist eine Feministinnen-Folter, weil er gnadenlos darstellt, wie die Schönheitsindustrie einen Makellosigkeitswahn auslöst, der nicht männlich gemacht, sondern völlig weiblich verinnerlicht ist.
Regisseur Refn packt alles rein:
Elle Faning gerät als Jesse in den Großstadtrausch und in die Fänge einer Maskenbildnerin sowie zweier anderer Models, die sich als ihre besten Freundinnen tarnen, aber sie aus Schönheits-Eifersucht unter Kontrolle bringen und, als alles nichts hilft, vernichten wollen. Regisseur Refn packt da alles rein: Motel-Thriller, Raubkatzen-Symbolik, Lesbensex, sogar Nekrophilie und eine ästhetische Verbindung von Erotik und Gewalt bis zum Kannibalismus: als äußerste Form, das unerreichbare Objekt der Begierde zugleich zu verinnerlichen und zu töten. Am Ende steht die grausame Einsicht, dass wahre Schönheit immer ein Geschenk der Natur ist. Refn zeigt das in eiskalt überstilisierten Bildern. Aber alles erstarrt dabei genau an dem Ästhetizismus, den Refn als pervers entlarvt.
An dieser Sterilität kann auch Jungstar Elle Fanning nichts retten, obwohl hinter der Lolita-Barby-Puppenmaske Jesses der zu aller Brutalität fähige Narzissmus lauert.
Kino:Gabriel, Monopol, Leopold, Atelier (OmU) Cinema, Museum (OV); R: Nicolas Winding. Refn (US, F, DK, 117 Min.)