Tanzender Derwisch im Karwendel

Sandra Golds Film "Wo ist Gott?" beschreibt vier Wege zur Spiritualität.
Robert Braunmüller
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Der Rabbiner Gabriel Strenger fotografiert einen Regenbogen in der Judäischen Wüste nahe dem Toten Meer.
Der Rabbiner Gabriel Strenger fotografiert einen Regenbogen in der Judäischen Wüste nahe dem Toten Meer. © Verleih

München - In der Kraft des Kaffees fühle ich sehr dankbar die Kraft Gottes", sagt der Rabbiner und Psychoanalytiker Gabriel Strenger. Niedergeschrieben und hier gedruckt mag der Satz skurril wirken. Zuschauer des Films "Wo ist Gott?" haben bis dahin aber schon 20 Minuten mit einer Zen-Lehrerin und einer Nonne verbracht. Beide haben bis dahin so intensiv wie gelassen über das spirtuelle Erleben der absoluten Gegenwart gesprochen, dass einen Aussagen über metaphysische Eigenschaften eines Getränks nicht mehr überraschen.

"Wo ist Gott?" stellt vier Wege zu einer gelebten Spiritualität vor 

Sandra Golds Film "Wo ist Gott?" stellt vier biografische Wege zu einer gelebten Spiritualität vor, die zwar die institutionalisierten Formen von Religion streifen, ihnen in ihrer Orientierung am Hier und Jetzt aber eher fern stehen. Die Abwesenheit eines Glaubens an ein besseres Jenseits macht den Film auch für Agnostikerinnen und Agnostiker gewinnbringend goutierbar, sofern sie bereit sind, sich auf die naturgemäß ruhigen Bilder des Films einzulassen.

Die Regisseurin entkommt dem ewigen Dokumentarfilm-Problem der sprechenden Köpfe recht geschickt, weil sie sich interessante Menschen ausgesucht hat, die neben der Spiritualität auch noch andere Interessen oder Ecken und Kanten haben. Der tanzende Derwisch aus Nürnberg liebt die Alpen, die Zen-Lehrerin ist - nebenbei - eine normale bildungsbürgerliche Ehefrau. Der Rabbiner hat ein von gegenseitigen Vorwürfen nicht freies Verhältnis zu seiner Mutter, während sich die Karmelitin in einer toxischen Spiritualitäts-Konkurrenz mit ihrer außerhalb des Klosters lebenden Schwester zu befinden scheint.

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Gold betont das Gemeinsame zwischen den Weltreligionen 

Es ist eine Stärke des Films, dass der Vertreter des Islam einer mystischen Facette angehört, die in der aktuellen Debatte um diese Religion keine große Rolle spielt. Sandra Gold betont das Gemeinsame zwischen den Weltreligionen. Alle vier Protagonisten beschreiben ähnliche, blitzartige Einsichten mit Erweckungscharakter. Dass die vielen Gemeinsamkeiten der vier Porträtierten auch damit zu tun haben könnten, dass es sich um gleichalte und aller materiellen Probleme enthobene Menschen aus der Ersten Welt handelt, reflektiert der Film leider nicht.

Filmvorführung am 15. Dezember

Am Ende führt die Liebe zur Natur die vier Erzählstränge zusammen. Der deutsche Muslim wandert und betet mit seiner Frau im Karwendel, die Nonne spricht mit einem Gingko im Garten des Dachauer Karmels, die Buddhistin bewundert die frischen Triebe eines Baumes, der Rabbiner fotografiert einen Regenbogen in der Wüste am Toten Meer.

Auch das streift, wenn man's aufschreibt, den Kitsch. In Sandra Golds Film sind das kraftvolle Momente, die viel darüber verraten, warum es sich bei den Porträtierten um glückliche Menschen handelt: Sie sind halbwegs mit sich im Reinen.


Filmvorführung mit Gespräch am 15. Dezember, Breitwand Gauting, Bahnhofsplatz 2, 19.30 Uhr

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