Schwelgen in schönen Gefühlen: „Downton Abbey: Das große Finale"

Am Ende schreiten sie in den Sonnenuntergang, das rosarote Licht blendet beinahe, und alle sind zufrieden. Das ist etwas dick aufgetragen. Bis dahin aber gibt es viel Schmelz und Nostalgie, der man sich hingeben kann, weil „Downton Abbey: Das große Finale“ sie schön selbstironisch verpackt. Wie man es kennt.
Über sechs Staffeln und zwei Kinofilme haben Fans die Geschicke der Adelsfamilie Crawley begleitet. Stets mussten sich die Familie und ihre Bediensteten auf Neues einstellen - elektrisches Licht und Telefon, einen Weltkrieg, gesellschaftliche Moden. Zum Ende der Serie, 1925, heiratete Lady Mary gar einen Rennfahrer - also einen Mann, der sich mit Arbeit ein Einkommen sichern musste!
Nun, im Jahr 1930, ist die Welt nochmals eine andere, und der Film von Simon Curtis führt mitten hinein: Nicht auf dem prächtigen Landsitz Dowton Abbey treffen wir die Familie, sondern in einer pulsierenden, leuchtreklamebeschienenen Nacht im Londoner West End. Dort wird Noël Cowards Musical „Bitter Sweet“ bejubelt, und die Crawleys treffen hinter der Bühne den Autor (Arty Froushan) sowie den Schauspieler Guy Dexter (Dominic West) und Thomas Barrow (Robert James-Collier), einst Butler auf Dowton, der im letzten Kinofilm aber Dexter in die USA folgte.
Alles im Umbruch
Wer den vorigen Film nicht parat hat, wird nicht leicht mitkommen. „Das große Finale“ schließt fast nahtlos an, auch wenn inzwischen alles im Umbruch ist. Viele Adelige können sich ihren Lebensstil nicht mehr leisten, verkaufen ihre Londoner Residenzen, beschäftigen weniger Bedienstete.
Auch Robert Crawley, Earl of Grantham (Hugh Bonneville), wird sich vom Londoner Haus trennen und mit seiner Tochter Lady Mary (Michelle Dockery) eine Wohnung besichtigen: eine herrliche Szene, denn natürlich hat er zuvor noch nie eine betreten. Wie eine „Schichttorte aus Fremden“ sei das. Und als er im hellhörigen Haus Geräusche der Nachbarn vernimmt, seufzt er: „So also endet die Welt.“

Der unerhörteste Einschnitt im Leben der Familie: Lady Mary ist geschieden! Und damit in ihren Kreisen geächtet. Es ist ein schöner Einfall, dass ausgerechnet Coward und Dexter, Schauspieler, mit denen der Adel bis vor kurzem noch Berührungsängste hatte, Marys Rückkehr in die Gesellschaft ermöglichen.
England steht für die Vergangenheit, Amerika für die Zukunft
Die finanzielle Unsicherheit indes hat auch Roberts Schwager Harold (Paul Giamatti) aus den USA zu verantworten, der nach England gleich einen Finanzberater (Alessandro Nivola) mitbringt. Schnell wird klar, dass der sein eigenes Spiel spielt.
England steht für die Vergangenheit, Amerika für die Zukunft, sagt Harold einmal. Und die Vergangenheit scheine ihm gemütlicher. Das ist die Stimmung, von der „Downton Abbey“ lebt, ohne sie übermäßig zu verklären oder sich dem Fortschritt zu verschließen.

Lady Isobel (Penelope Wilton) holt tatsächlich Beiköchin Daisy (Sophie McShera) und Butler Carson (Jim Carter) in das Kommittee für die Landwirtschaftsschau - das gab’s noch nie! Aber selbst in der Klassengesellschaft Englands ändert sich einiges.
Schwelgen in Erinnerungen und schönen Gefühlen
Der Wandel ist wie stets fein beobachtet und hervorragend in Szene gesetzt, in üppiger und detailgetreuer Ausstattung und mit viel Humor. Leider erklärt Autor Julian Fellowes, der die meisten Drehbücher für „Downton Abbey“ geschrieben hat, die Umwälzungen zusätzlich in zu vielen Dialogen.
Trotzdem schaut man gerne zu, denn alle bekannten Charaktere sind voller Spielfreude versammelt. Der einzige Bösewicht bleibt allerdings blass und wird in einem formidablen Auftritt von Lady Edith (Laura Carmichael) schnell in die Schranken gewiesen - der Adel in England hat eben doch noch mächtigen Einfluss.

So ist dieser Film vor allem ein Schwelgen in Erinnerungen und schönen Gefühlen. Und es ist schon bewegend, wenn der Earl of Grantham zum Abschied die Hand auf die Hauswand von Downton legt. Ein perfekter, leiser Abschluss.
Kino: Cadillac, Astor im Bayerischen Hof, Royal sowie Arena (OmU) und Museum, Cinema (OV), R: Simon Curtis (GB, 123 Min.)