Scheidungsschlacht auf Slapstick-Niveau

Erste Kinohauptrolle für "PussyTerroristin" Carolin Kebekus: Weil sie nach der Scheidung im Ausland arbeiten will, versucht sie, ihrem Ex die Kindererziehung aufs Auge zu drücken - doch der hat eigene Pläne. Ein Sorgerechtsstreit der etwas anderen Art entbrennt ...
von  Natalie Decker
Nach der Scheidung wollen sich weder Marc (Maxim Mehmet) noch Toni (Carolin Kebekus) um die gemeinsamen Kinder kümmern. Beide haben lukrative Job-Angebote bekommen und stellen die Karriere über die Familie.
Nach der Scheidung wollen sich weder Marc (Maxim Mehmet) noch Toni (Carolin Kebekus) um die gemeinsamen Kinder kümmern. Beide haben lukrative Job-Angebote bekommen und stellen die Karriere über die Familie. © Conrad Film / Bavaria Filmproduktion GmbH
Vielleicht ein wenig verrückt, aber immerhin leidenschaftlich war die Beziehung der Studenten Toni (Carolin Kebekus
) und Marc (Maxim Mehmet) einmal. Doch 15 Jahre später ist die Flamme der Leidenschaft endgültig erloschen. Sie beschließen, sich zu trennen, im Guten natürlich. Dass das Konzept "Trennung in Freundschaft" nicht aufgeht, wird klar, als beide unabhängig voneinander lukrative Job-Angebote im Ausland erhalten. Denn: Einer muss zurückstecken und sich um die Kinder kümmern. Ein Sorgerechtsstreit der etwas anderen Art entbrennt in der Komödie "Schatz, nimm du sie!". Mama oder Papa? Der pubertierende Smartphone-Junkie Emma (Arina Prokofyeva) und der kontaktscheue Veganer
Tobias (Arsseni Bultmann) sollen selbst entscheiden, bei wem sie in Zukunft leben wollen. Und das wissen die unwilligen Elternteile
auszunutzen: Toni und Marc benehmen sich ordentlich daneben, um Sohn und Tochter in die Arme des anderen zu treiben - und ihre eigenen Karriereziele im fernen Süden verwirklichen zu können. Diese originelle Story bietet natürlich Stoff für jede Menge aberwitzige Situationen: So führt Marc seine Teenie-Tochter beispielsweise wie eine Erstklässlerin ins Klassenzimmer und drückt ihr zum Abschied vor den Augen ihrer Mitschüler einen dicken Schmatzer auf, während Toni als "Schach-Ultra" mit Vuvuzela bewaffnet bei einem Brettspiel-Turnier des kleinen Tobias auftaucht. Der Humor ist meist slapstickhaft und klamaukig, bissige Wortgefechte zwischen den zerstrittenen Eheleuten sind die Ausnahme. Die Handschrift des Blödel-Experten Sven Unterwaldt Jr. ist deutlich erkennbar, er hat bereits Atze Schröder und Otto Waalkes in eher platten Komödien wie "U-900" und "7 Zwerge
- Männer allein im Wald" inszeniert. Nicht jede Pointe zündet: Wie Fremdkörper wirken die vielen abgenudelten Gags, die aus zahllosen mittelmäßigen Hollywood-Komödien bekannt sind - mal wird der Familienhamster bäuchlings gegen das Fenster geklatscht, mal knickt die Regenrinne beim Raufklettern ab. Es bleibt zudem ein Rätsel, warum der Regisseur die Vorlage des Films, die erfolgreiche französische Komödie "Mama gegen Papa
- Wer hier verliert, gewinnt", einer auffälligen Amerikanisierung unterzogen hat - vom Rückblick auf die Unizeit, die die Hauptfiguren vorwiegend in amerikanisch anmutenden Studentenwohnheimen verbrachten, bis zum traditionellen englischen Neujahrsgesang "Auld Lang Syne". Nötig wäre der Neuanstrich nicht gewesen, das Schauspiel-Ensemble harmoniert nämlich erstaunlich gut: Komikerin Carolin Kebekus ("PussyTerror TV") überzeugt in ihrer ersten Kinohauptrolle, und auch die beiden Kinderdarsteller liefern tolle Leistungen ab. Die Nebenrollen sind mit Axel Stein und Ludger Pistor prominent besetzt, die Comedy-Stars Annette Frier und Serdar Somuncu
sorgen mit ihren Kurzauftritten für Stimmung. Unterm Strich punktet "Schatz, nimm du sie!" mit einer frechen Story, die vor allem gegen Ende des Films in Richtung Satire abdriftet. Wären einige der schablonenhaften Gags durch temporeichen Wortwitz oder zumindest kreativere Kabbeleien ersetzt worden, hätte die Komödie ihr Potenzial mit Sicherheit voll ausschöpfen können.
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