"Schau mich nicht so an": Opfer der Leidenschaft
Eigentlich ganz harmlos, wie die vierjährige Sofia sich bei der Nachbarin Hedi versteckt, weil sie nicht in den Kindergarten gehen will. Erleichterung bei der Mutter, als sie sie findet und Auftakt zu einer ungewöhnlichen Freundschaft zwischen den der alleinerziehenden blonden Iva (Catrina Stemmer) und der geheimnisvollen Mongolin.
Eine Freundschaft, die bald in eine heftige sexuelle Beziehung mündet. Zwischen ihnen das kleine Mädchen, das sich bald der Fremden zuwendet und sie gegen die Mutter ausspielt. Als dann noch Ivas Vater auftaucht, den Hedi eiskalt verführt, gerät die fragile Situation aus den Fugen.
Frauen sind nicht immer Engel, das macht HFF-Absolventin Uisenma Borchu klar. Die gebürtige Mongolin, die seit ihrem fünften Lebensjahr in Deutschland lebt, führt in ihrem Debüt nicht nur Regie, sondern ist auch für Drehbuch und Schnitt verantwortlich und spielt die mysteriöse Hauptfigur, die sich für beide Geschlechter offen zeigt. Mit viel Improvisation und ohne festgelegte Dialoge erzählt die 32-jährige von einem weiblichen Alphatier, das sich gegen Schwäche wehrt, kompromisslos andere dominiert und manipuliert, Abhängigkeiten ausnutzt, Körperlichkeit und Gefühle gezielt einsetzt, um beim Kampf um die Liebe des Kindes zu gewinnen.
Lesen Sie hier die AZ-Filmkritik zu "7 Göttinnen"
Das unmoralische Spiel macht Josef Bierbichler mutig mit. Wenn er, ohne die nicht-professionellen Darstellerinnen in die Ecke zu drängen, mit Wucht in die Zweierkonstellation einbricht und statt das gestörte Verhältnis zu seiner Tochter zu heilen, sie tief verletzt, kriegt das manchmal kantige und nie gefällige Drama einen neuen Energie-Kick.
Wenig nachvollziehbar ist leider am Ende der bedeutungsschwangere Szenenwechsel von München in die mongolische Jurte. Aber es ist die innere Zerrissenheit und die Gratwanderung zwischen zwei Kulturen – Deutschland und der Mongolei – die zählt, die Identitätssuche als Verbindung von Filmfigur und Realität der Regisseurin. Eine elektrisierende Spannung.
Kinos: Arena, Studio Isabella R&B: Uisenma Borchu (D, MNG, 88 Min.)
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