Kritik

Scharfer Wortwitz und neue Tragik: "Stromberg – Wieder alles wie immer"

Die Zeit heilt keine Wunden: Elf Jahre nach dem letzten Kinofilm kommt es zum Wiedersehen der Kultfiguren.
von  Florian Koch
Polarisierung der Gesellschaft: Stromberg (Christoh Maria Herbst) vor einer TV-Aufzeichnung wird angefeindet und unterstützt.
Polarisierung der Gesellschaft: Stromberg (Christoh Maria Herbst) vor einer TV-Aufzeichnung wird angefeindet und unterstützt. © Stephan Rabold / Made for Film

Vor 20 Jahren wurde Stromberg in der gleichnamigen TV-Mockumentary zum Fernsehstar. Hinter dem von Christoph Maria Herbst kongenial verkörperten Unsympathen, der Dinge aussprach, die schon in den 90ern verpönt waren, steht Ralf Husmann.  Der Comedy-Autor adaptierte das britische Vorbild "The Office" mit einem so genauen Blick für deutsche (Büro)Befindlichkeiten, dass es bald zu einer eigenständigen Marke wurde.

Husmanns Gespür für soziale Erdbebengebiete, für das Randständige in der Gesellschaft trägt auch "Stromberg – Wieder alles wie immer". Der schlägt – ganz anders als der smart ausgewählte Titel – erfrischend neue Töne an, ohne dabei seine Figuren zu verraten.

Christoph Maria Herbst betont: "Ich bin ganz anders als Stromberg!" - hier vor dem Zoo-Palast in Berlin.
Christoph Maria Herbst betont: "Ich bin ganz anders als Stromberg!" - hier vor dem Zoo-Palast in Berlin. © picture alliance/dpa

Neuer Stromberg-Film: "Probleme sind wie Brüste"

Ein inszeniertes Büro-Klassentreffen soll Stromberg nun mit seinen alten Weggefährten aus der fiktiven Capitol Versicherung AG zusammenbringen. Analog im Fernsehstudio, versteht sich. Bevor aber der "Papa" auftritt, versammelt sich das Kern-Team vor der Kamera. Ernie (Bjarne Mädel), einst trotteliger Punching-Ball der Capitol, ist jetzt stolzer Life-Coach, der sein Antimobbing-Buch "Du bist kein Opfer" promotet. Der weinerliche Macho Ulf (Oliver Wnuk) hängt immer noch in der gleichen Position fest, während seine ambitionierte Frau Tanja (Diana Staehly) zur Chefin aufgestiegen ist.

Beziehungs-Pechvogel Jennifer (Milena Dreißig) präsentiert sich im TV mit dem aufgeblasenen Content-Creator Julian (eine Entdeckung: László Branko Breiding), weil "sie in der Liebe endlich mal nicht auf ihr Bauchgefühl" gehört hätte. Und Stromberg?

Wiedersehen: Bernd Stromberg (Christoph Maria Herbst) Jennifer Schirrmann (Milena Dreissig), Ulf Steinke (Oliver Wnuk), Tanja Steinke (Diana Staehly), Berthold Heisterkamp (Bjarne Mädel) (v.r.n.l.).
Wiedersehen: Bernd Stromberg (Christoph Maria Herbst) Jennifer Schirrmann (Milena Dreissig), Ulf Steinke (Oliver Wnuk), Tanja Steinke (Diana Staehly), Berthold Heisterkamp (Bjarne Mädel) (v.r.n.l.). © MadeFor Film / Stephan Rabold

Der trägt immer noch Halbglatze, haut sexistische Sprüche raus wie früher ("Probleme sind wie Brüste. Wenn man sie anpackt, macht’s am meisten Spaß!") und gefällt sich vor der Kamera in seiner neuen alten Chef-Rolle.

Die Gräben zwischen Jung und Alt, woke und anti-woke illustriert der Film geschickt in einer Demo, die vor dem Studiogebäude eskaliert. Hier zoffen sich radikale Feministinnen ("Nehmt die Glatze aus der Glotze!") und Stromberg-Jünger dermaßen rabiat, dass die Aufzeichnung verschoben werden muss.

Stromberg wird zur einsamen PR-Witzfigur

Das gibt Husmann und dem Cast die Gelegenheit, die Untiefen der Figuren so stark herauszuarbeiten, dass es wehtut. Gerade Stromberg, beim neuen Arbeitgeber "Alpha" eine PR-Witzfigur, wird mit seiner nur noch mühsam mit Flachwitzen zusammengehaltenen Einsamkeit konfrontiert.

Neue und alte Kollegen: Bernd Stromberg (Christoph Maria Herbst, M.) mit Basma (Maha Hamo, 2.v.r.), Gael (Ujesh Buchele, r.) und Ulf und Tanja Steinke (Diana Staehly und Oliver Wnuk, l.).
Neue und alte Kollegen: Bernd Stromberg (Christoph Maria Herbst, M.) mit Basma (Maha Hamo, 2.v.r.), Gael (Ujesh Buchele, r.) und Ulf und Tanja Steinke (Diana Staehly und Oliver Wnuk, l.). © MadeFor Film / Stephan Rabold

Bei der Reise ins verbitterte Spießer-Ich ("Das Einzige, was ich wollte, war ein Stück Glück") gelingen dem mitunter erstaunlich traurigen Film satirische Volltreffer, die weder den Strombergschen Steinzeit-Pöbel noch die um sich selbst kreisende, überhebliche Gegenseite schont. Und gerade diese Differenzierung macht "Stromberg – Wieder alles wie immer" bei allem Unterhaltungswert auch zu einer wichtigen wie stimmigen Betrachtung der Gegenwart.

Kino: Astor im Arri, Cinemaxx, Gloria, Leopold, Mathäser, Rio, Royal
R: Arne Feldhusen, (D, 100 Min.)

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