Scharfer Wortwitz und neue Tragik: "Stromberg – Wieder alles wie immer"
Vor 20 Jahren wurde Stromberg in der gleichnamigen TV-Mockumentary zum Fernsehstar. Hinter dem von Christoph Maria Herbst kongenial verkörperten Unsympathen, der Dinge aussprach, die schon in den 90ern verpönt waren, steht Ralf Husmann. Der Comedy-Autor adaptierte das britische Vorbild "The Office" mit einem so genauen Blick für deutsche (Büro)Befindlichkeiten, dass es bald zu einer eigenständigen Marke wurde.
Husmanns Gespür für soziale Erdbebengebiete, für das Randständige in der Gesellschaft trägt auch "Stromberg – Wieder alles wie immer". Der schlägt – ganz anders als der smart ausgewählte Titel – erfrischend neue Töne an, ohne dabei seine Figuren zu verraten.

Neuer Stromberg-Film: "Probleme sind wie Brüste"
Ein inszeniertes Büro-Klassentreffen soll Stromberg nun mit seinen alten Weggefährten aus der fiktiven Capitol Versicherung AG zusammenbringen. Analog im Fernsehstudio, versteht sich. Bevor aber der "Papa" auftritt, versammelt sich das Kern-Team vor der Kamera. Ernie (Bjarne Mädel), einst trotteliger Punching-Ball der Capitol, ist jetzt stolzer Life-Coach, der sein Antimobbing-Buch "Du bist kein Opfer" promotet. Der weinerliche Macho Ulf (Oliver Wnuk) hängt immer noch in der gleichen Position fest, während seine ambitionierte Frau Tanja (Diana Staehly) zur Chefin aufgestiegen ist.
Beziehungs-Pechvogel Jennifer (Milena Dreißig) präsentiert sich im TV mit dem aufgeblasenen Content-Creator Julian (eine Entdeckung: László Branko Breiding), weil "sie in der Liebe endlich mal nicht auf ihr Bauchgefühl" gehört hätte. Und Stromberg?

Der trägt immer noch Halbglatze, haut sexistische Sprüche raus wie früher ("Probleme sind wie Brüste. Wenn man sie anpackt, macht’s am meisten Spaß!") und gefällt sich vor der Kamera in seiner neuen alten Chef-Rolle.
Die Gräben zwischen Jung und Alt, woke und anti-woke illustriert der Film geschickt in einer Demo, die vor dem Studiogebäude eskaliert. Hier zoffen sich radikale Feministinnen ("Nehmt die Glatze aus der Glotze!") und Stromberg-Jünger dermaßen rabiat, dass die Aufzeichnung verschoben werden muss.
Stromberg wird zur einsamen PR-Witzfigur
Das gibt Husmann und dem Cast die Gelegenheit, die Untiefen der Figuren so stark herauszuarbeiten, dass es wehtut. Gerade Stromberg, beim neuen Arbeitgeber "Alpha" eine PR-Witzfigur, wird mit seiner nur noch mühsam mit Flachwitzen zusammengehaltenen Einsamkeit konfrontiert.

Bei der Reise ins verbitterte Spießer-Ich ("Das Einzige, was ich wollte, war ein Stück Glück") gelingen dem mitunter erstaunlich traurigen Film satirische Volltreffer, die weder den Strombergschen Steinzeit-Pöbel noch die um sich selbst kreisende, überhebliche Gegenseite schont. Und gerade diese Differenzierung macht "Stromberg – Wieder alles wie immer" bei allem Unterhaltungswert auch zu einer wichtigen wie stimmigen Betrachtung der Gegenwart.
Kino: Astor im Arri, Cinemaxx, Gloria, Leopold, Mathäser, Rio, Royal
R: Arne Feldhusen, (D, 100 Min.)
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