Interview

Regisseur über neuen Pumuckl: "Ist keine bayerische Figur"

Regisseur Marcus H. Rosenmüller hat den „Pumuckl“ neu ins Kino gebracht – und bleibt dabei der Seele der Kultfigur treu. Im AZ-Interview spricht er über Nostalgie und Gegenwart, über das Kind in jedem Erwachsenen und warum der kleine Kobold uns daran erinnert, das Leben mit mehr Leichtigkeit zu nehmen.
Adrian Prechtel
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Florian Brückner ist der Meister Eder - und erhält hier gute Nachrichten, was auch den Kobold freut: Ein großer Ausflug aufs Land ist die Folge.
Florian Brückner ist der Meister Eder - und erhält hier gute Nachrichten, was auch den Kobold freut: Ein großer Ausflug aufs Land ist die Folge. © Constantin Film

Schon ab 1962 gab es die Kindergeschichtenreihe von Ellis Kaut vom Kobold, der für den Münchner Schreinermeister Franz Eder sichtbar wurde, weil er an dessen Leimtopf kleben geblieben war. Der Bayerische Rundfunk strahlte sie als Hörspielserie aus. Ab 1965 erschienen Bücher und ab 1982 die Fernsehserie „Meister Eder und sein Pumuckl“ und ein gleichnamiger Kinofilm. RTL hat die „Pumuckl“-Reihe als TV-Serie neu aufgegriffen. Nach sechs Folgen, von denen drei schon vor zwei Jahren zu einem Kinofilm zusammengespannt wurden, gibt es jetzt einen neuen, als Kinofilm konzipierten „Pumuckl“. Marcus H. Rosenmüller hat ihn gedreht.

AZ: Herr Rosenmüller, Ihre „Pumuckl“-Verfilmung spielt zwar klar in der Gegenwart, spielt aber gleichzeitig damit, dass Technik wie Handys oder Laptops keine große Rolle spielen. Und auch der Look von Meister Eders Werkstatt ist wie aus vergangenen Zeiten.
MARCUS H. ROSENMÜLLER: Es ist immer eine Gratwanderung, wie märchenhaft oder nostalgisch man gerade noch sein darf, um nicht aus der Zeit zu fallen. Aber schon die Serie in den 80er-Jahren mit Gustl Bayrhammer als Meister Eder war nostalgisch. Worum es in den Geschichten vom Pumuckl selbst geht, ist zeitlos, aber wie und wo die Geschichte erzählt ist, hat ja etwas leicht Märchenhaftes. Der Trick wäre, dass man die vordergründige Geschichte um Freundschaft und Missverständnisse, Abenteuer und Versöhnung so intensiv erzählt, dass das nostalgische Setting einem bewusst gar nicht so auffällt. Die zeitlose Schwebe ist das Ziel.

Bei der Premiere: Florian Brückner (Meister Eder), Marcus H. Rosenmüller (Regie), Maxi Schafroth (Stimme Pumuckl).
Bei der Premiere: Florian Brückner (Meister Eder), Marcus H. Rosenmüller (Regie), Maxi Schafroth (Stimme Pumuckl). © Constantin Film

Der Pumuckl erinnert uns: Hey, Du musst das Leben genießen und auch mal Fünfe gerade sein lassen

Das wird mit zunehmender Technisierung aber immer schwerer.
Klar, in weiteren 40 Jahren wird man sich dann dazu was Neues einfallen lassen müssen.

Wenn man ein Publikum von vier bis 94 Jahren abdecken will, welche Zugeständnisse macht man dann dramaturgisch für die Kinder?
Da ich selbst eher die kindliche Perspektive einnehme, muss ich eher Zugeständnisse an das Erwachsenenpublikum machen. Kinder lieben physischen Slapstick, Chaos und kleine Katastrophen. Ich würde also am liebsten ohne Druck immer wieder reine Kinderfilme machen. Mir wird daher auch bei meinen Erwachsenenfilmen oft vorgeworfen, dass ich zu harmlos bin, weil ich nichts Verletzendes mag. Ich mag auch Zuversicht in Filmen: Die Welt ist gut, wir sind ein Teil davon, lasst uns das weitertragen! Das wäre eigentlich immer meine Sicht. Aber natürlich soll sich ein Kinderfilm trotzdem mit ernsten Themen befassen.

Dieser Klabautermann hat ja genau diese Weltsicht.
Und daher passt der Pumuckl so gut zu mir. Und Erwachsene haben ja immer auch noch das Kind in sich, dass sie einmal waren, auch wenn wir immer logischer werden oder schmerzhafte Erfahrungen gemacht haben. Und wir wissen, wenn ich mich jetzt gehen lasse, mich nicht an Regeln halte, habe ich Nachteile, bekomme ich Schwierigkeiten. Und der Pumuckl erinnert uns: Hey, Du musst das Leben jetzt aus dem Moment genießen und auch mal Fünfe gerade sein lassen. Das, was man als Kind so gut konnte. Wir haben das auch gar nicht verlernt, sondern oft nur beschlossen, das anders, erwachsener, zu machen. Der erwachsene Kopf und das kindliche Herz sollten sich halt wieder mehr annähern. Das erzählt der Pumuckl.

Hier hat der Meister Eder (Florian Brückner) gelernt. Die alte Chefin (Gisela Schneeberger) ist noch da.
Hier hat der Meister Eder (Florian Brückner) gelernt. Die alte Chefin (Gisela Schneeberger) ist noch da. © Constantin Film

Und muss man für Erwachsene oder Kinder anders erzählen?
Klar, wir erzählen eine große Geschichte, die aber in drei Geschichten unterteilt ist: Abenteuer in der Werkstatt, der große Ausflug aufs Land und dann das Grande Finale zwischen Oper, Rückkehr und wieder Zusammenfinden. Es war ja die große Überraschung, dass vor zwei Jahren, als wir nach Testvorführungen von drei neuen Serienteilen im Kino gemerkt haben, die Leute gehen mit, lieben es, finden es riesig. Und jetzt haben wir eben einen echten Kinofilm gemacht.

Das Haus in der Widenmayerstraße steht nicht mehr, aber das von Frau Stürzlinger

Ist es schade, dass man für die Werkstatt in München in einer Kulisse drehen muss statt an einem echten Ort.
Den Ort in der Widenmayerstraße gibt es ja nicht mehr, wir wollen aber den Zuschauern wieder das Heimatgefühl geben. Schon vor der Serie in den 80ern sollte das Originalhaus mit der Werkstatt abgerissen werden, wurde aber noch für den Dreh weiter stehengelassen. Dafür hatte sich der Oberbürgermeister eingesetzt. Die gelbe Seite vom Hinterhof, wo die Frau Stürzlinger wohnt, gibt es heute noch, den Rest nicht mehr. Also war die Herausforderung das alte Szenenbild im Studiogelände in Penzing wieder so herzustellen, dass es sich nicht nach Studio oder Kulisse anfühlt.

Der Pumuckl versteht selbst Bairisch gar nicht richtig.
Klar, er ist ja als Nordlicht auf Schiffen auch kein Bayer. Und er macht sich ja auch lustig über die Sprache vom Eder.

Das macht ihn ja auch zu idealen Identifikationsfigur für Nichtbayern.
Absolut. Der Pumuckl selbst ist keine bayerische Figur. Aber jeder kennt das Regionale ja aus seiner Heimat. Und auch in meinem Freundeskreis ist ja nicht jeder bayerisch, der ist Gott sei Dank diverser.

„Erwachsene haben ja immer auch noch das Kind in sich, dass sie einmal waren, auch wenn wir immer logischer werden “, sagt Marcus H. Rosenmüller und hat mit Florian Brückner den neuen Kinofilm gedreht.
„Erwachsene haben ja immer auch noch das Kind in sich, dass sie einmal waren, auch wenn wir immer logischer werden “, sagt Marcus H. Rosenmüller und hat mit Florian Brückner den neuen Kinofilm gedreht. © Constantin Film

Ein Gegenmilieu zum Meister Eder ist ja die Opernwelt, wo das Finale spielt.
Ich selbst durfte ja schon Oper inszenieren, Rossinis „Le comte Orly“ mit dem Opernstudio der Bayerischen Staatsoper. Die Welt ist ja fantastisch mit allen Gewerken und der ganzen Illusionsmaschinerie. Wir hatten auch schon in der Schusterei gefilmt, wo Pumuckl nach Leim sucht, aber die Szene ist dann im Schnitt wieder rausgefallen.

Auch Jonas Kaufmann ist ein Pumuckl-Fan - und spielte mit

Wie haben Sie Jonas Kaufmann für eine kleine Rolle gewonnen?
Ich hatte ihn mal einen Abend privater erlebt und gemerkt, der ist gar nicht abgehoben. Und als dann klar war, wir drehen auch in der Staatsoper, habe ich ihn einfach gefragt. Und „Pumuckl“ öffnet überall alle Türen. Wenn Leute - zum Teil zu Recht - von einem Dreh genervt sind und man sagt, wir drehen hier den „Pumuckl“, stahlen die Leute, sind sofort versöhnt und heißen einen willkommen. Und Jonas Kaufmann ist eben auch ein „Pumuckl“-Fan und hat auch gleich mitgespielt.

Warum haben Sie den Pumuckl so traditionell zweidimensional gezeichnet weitergeführt.
Aus Tradition. Aber wir haben auch zeichnerische 3D-Vorschläge ausprobiert und ich war überrascht, wie gut das aussah.

Die Figur des Pumuckl wurde ja über Generationen weitergegeben. Reißt das mal ab?
Ich glaube nicht, weil die kindliche Idee, einen unsichtbaren Freund zu haben, ist zeitlos. Das gibt es in vielen Erzählungen aus allen Zeiten. Spielbergs „E.T“ - der außerirdische Freund, ist auch so eine Version. Das liebt jedes Kind. Und das ist auch, wie eine Religion funktioniert, dass es da etwas anderes oder jemanden anderen gibt, in dem man sich spiegeln kann, der ein Gegenüber ist. Und so ein Kobold ist dann so ein surrealistisches Moment.

„Wir haben auch zeichnerische 3D-Vorschläge ausprobiert und ich war überrascht, wie gut das aussah.“ Aber dann blieb der Kobold klassisch gezeichnet. Die Stimme hat ihm Maxi Schafroth geliehen, und die wurde digital auf Hans Clarin getrimmt.
„Wir haben auch zeichnerische 3D-Vorschläge ausprobiert und ich war überrascht, wie gut das aussah.“ Aber dann blieb der Kobold klassisch gezeichnet. Die Stimme hat ihm Maxi Schafroth geliehen, und die wurde digital auf Hans Clarin getrimmt. © Constantin Film

So klingt die Pumuckl-Geschichte fast spirituell. Was ist dabei Ihre Rolle?
Ich sehe mich da auch als Vermittler, die Geschichte, wie das der Ulrich König vor 40 Jahren im Fernsehen nach der Idee von Elis Kaut gemacht hat, für uns heute wieder zu erzählen. Ich habe mich in seine Art zu erzählen reingefrickelt und wollte das wieder treffen und nachmachen.

Der Pumuckl könnte aber auch eine reine Einbildung, eine Phantasie vom Eder sein?
Eine psychologische durchaus sinnvolle Interpretation, aber es passieren ja auch Dinge, die nur durch eine weitere Figur wie den Kobold erklärbar sind. Aber der Eder ist in einem Dilemma: Er will nicht als Spinner dastehen, aber er kann den Pumuckl auch nicht verraten. Und daher ist es in unserem Film auch die mutigste Szene, dass der Eder sich vor seinen ehemaligen Freunden am Land „outet“, dass es einen Kobold gibt, zu dem er zurück nach München muss.

Der Meister Eder ist heute mit Florian Brückner wieder ein Einzelgänger, wie schon sein Onkel, der alte Eder. Woher kommt seine leichte Menschenscheue?
Er ist einfach so nett und gutmütig. Das ist auch sein Dilemma. Er ist ein verlässlicher Freund, aber gleichzeitig auch ein Außenseiter, weil er sich schützen muss. Sein Selbstbewusstsein ist nicht sehr groß. In einer Fernsehfolge erzählen wir auch, dass er in der Schule gemobbt wurde. Er geht daher ungern aus sich raus, igelt sich lieber ein, mit dem, was er hat. Der Pumuckl treibt ihn an, dass er was erlebt.

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