Reese Witherspoon auf dem Weg zu sich selbst
Reese Witherspoon überzeugt in "Der große Trip - Wild" als eine Frau, die den Weg zurück ins Leben findet
Aufgeben ist keine Option, denn die vergangenen vier Jahre hat Cheryl Strayed schon als eine Kette von Verlusten und Niederlagen erlebt. Jetzt, auf dem Pacific Crest Trail, will sie sich den langen Weg zurück in Leben kämpfen und endlich den frühen Krebstod ihrer Mutter verarbeiten, der sie aus der Bahn geworfen hat: Ihre Ehe zerbrach an zahlreichen Affären, haltlos schlitterte Cheryl, die sich nach ihrer Scheidung den Nachnamen Strayed gibt, als Streunerin die Bahn des Lebens hinunter bis zur Heroinsucht. Per Zufall stößt sie auf ein Wanderbuch. Der 1800 Kilometer lange Pacific Crest Trail entlang der Westküste erscheint ihr als rettender Kontrast zu ihrer desolaten Lebenssituation. Untrainiert, unerfahren, aber doch infiziert mit dem uramerikanischen Überlebenswillen schultert Cheryl ihren völlig überpackten Rucksack, das „Monster“, und stapft in die Wildnis und in einen neuen Lebensabschnitt.
Diese Geschichte ist sympathischer als "Into the Wild"
Der Ausgang ist bekannt: Über ein Jahrzehnt später landet die inzwischen glücklich verheiratete, zweifache Mutter Cheryl Strayed mit ihrem Erfahrungsbericht „Wild“ einen Bestseller. Ein Stoff also für Lebens- und Filmträume, zumal die Protagonistin komplexer und sympathischer erscheint als „Alexander Supertramp“, der Hobo aus reichem Hause, der in John Krakauers „Into The Wild“ in Alaska vermoderte.
Nick Hornby blieb nahe am Original, Jean-Marc Vallée („Dallas Buyers Club“) blieb realistisch
Mit dem eisernen Willen einer Fernwegwanderin hat sich Reese Witherspoon in das Projekt verbissen, die Hauptrolle geschultert, den Film mitproduziert und Nick Hornby als Drehbuchautor gewonnen. Dieser hält sich überraschend eingriffsfrei an die Struktur der literarischen Vorlage, so dass der Film von Regisseur Jean-Marc Vallée („Dallas Buyers Club“) knapp zwei Stunden zwischen Wanderung und Rückblenden pendelt, zwischen Drama und Komik. Spannender als die noch so schönen Aufnahmen aus der Mojave Wüste, Oregon oder der Bergwelt Washingtons sind Strayeds Begegnungen auf dem Trail, den sie knapp einhundert Tage lang absolviert – bis am Ende die Angst vor der Rückkehr ins „normale“ Leben stärker scheint, als die Sehnsucht, die Zeltnächte und Haferbrei-mahlzeiten hinter sich zu lassen.
Witherspoon ist wunderbar wandlungsfähig
Witherspoon ist so wandlungsfähig, dass sie in Rückblenden mühelos als eine Twen durchgeht, die gemeinsam mit der Mutter (Laura Dern, im realen Leben nur neun Jahre älter) studiert. Ob ihr aber auch der geplante, lange Marsch zum zweiten Oscar gelingt? Dafür ist „Wild“ halt auch zu konventionell.
Kino: Arena, Gloria, Arri, Atelier (auch OmU) und Cinema (OV) R: Jean-Marc Vallée (USA, 116 Min.)
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