"Rache auf Texanisch" in der AZ-Kritik: Arroganz und Vorurteile
Ein Faible haben sie für Rodeo, Football, aber auch für Verschwörungstheorien. Ohne Waffe gehen sie lieber nicht aus dem Haus - außer es geht sonntags in die Kirche. Böse Vorurteile über das konservative Texas? Die kursieren nicht erst seit dem Siegeszug von Donald Trump.
Rache auf Texanisch: "Vengeance" von B.J. Novak
Aber was ist wirklich dran an diesem aus so mancher Sicht rückständigen, reaktionären Teil der USA? Das untersucht B.J. Novak ("The Office") in seinem blitzgescheiten wie wendungsreichen Regiedebüt "Vengeance", das bei uns unter dem stumpfen Titel "Rache auf Texanisch" in die Kinos kommt.
Die Hauptrolle als arroganter New Yorker Journalist Ben spielt Novak gleich selbst. Dieser kann sich auszudrücken, betreibt Dating erfolgreich wie ein Hochleistungssport, hadert aber dennoch mit sich. Weil er spürt, dass es ihm an Wahrhaftigkeit und Anteilnahme mangelt. Diese fehlende Empathie wird aber eingefordert, als ihn in der Nacht der verzweifelte Ty (Boyd Holbrook) aus Texas am Telefon erreicht. Seine Schwester Abilene (Lio Tipton) wäre ermordet worden, auch wenn die Polizei von einem Drogendelikt ausgeht. Und nun soll Ben, der Exfreund der Verstorbenen, nicht nur zur Beerdigung, sondern sich gleich an Tys persönlichem Rachefeldzug beteiligen.
Warum Ben diese absurde Forderung nicht gleich ablehnt, unterfüttert der Film glaubhaft in der Annahme, dass der eitle Journalist hier nicht nur eine publikumswirksame Crime-Story wittert, sondern auch sein Gewissen an ihm nagt. Denn Abilene war für Ben keine ernsthafte Partnerin, sondern nach ein paar Sex-Dates nichts Weiteres als eine digitale Kerbe in seinem Smartphone.
Zusammenprall der Kulturen in Texas
Den in Texas erwartbaren Zusammenprall der Kulturen inszeniert Novak mit doppeltem Boden. Auf der einen Seite bedient er anfangs jegliche Vorurteile, zwischen Ranch, Rassismus und Waffengeilheit. Auf der anderen Seite kommt der von ihm porträtierte New Yorker Snob mit seiner Absicht, das Unglück einer texanischen Familie Podcast tauglich in Häppchen aufzubereiten, nicht viel besser herüber.
Der durchaus spannende Krimiplot mit der Suche nach dem möglichen Mörder tritt in Novaks minutiöser Aufarbeitung der gesellschaftlichen Risse in den USA fast in den Hintergrund. Dafür stellvertretend ist der grandiose Auftritt von Ashton Kutcher als feingeistiger Musikproduzent im weißen Cowboy-Kostüm. In dessen langen Monologen über die Gefahren der Digitalisierung und des Verlusts einer sinnlichen Erfahrbarkeit unserer Welt steckt viel Wahres.
Stets schwingt aber auch eine kalte Abgehobenheit mit, die er mit Ben gemein hat und für die der Journalist in Novaks knallharter filmischer Aufarbeitung von gesellschaftsbrüchen einen hohen Preis bezahlt.
Kino: Museum Lichtspiele (OV)
R: B.J. Novak (USA, 107 Min.)
- Themen:
- Ashton Kutcher
- Donald Trump
- Kultur
- Mörder
- Polizei