Kritik

"Ozean" mit Sir David Attenborough

Der alte Mann und das Meer: Ein grandioser Naturfilm mit einer eindringlichen Mahnung
Volker Isfort
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David Attenborough ist der Erzähler des Films "Ozean".
David Attenborough ist der Erzähler des Films "Ozean". © Foto: Keith Scholey

Das wichtigste Geschenk zu seinem 99. Geburtstag hat sich der britische Naturforscher, Dokumentarfilmer und Schriftsteller David Attenborough selbst gemacht. Er fungiert als Erzähler im Dokumentarfilm "Ozean", der just an seinem Geburtstag weltweit in die Kinos kommt - ziemlich genau einen Monat vor der UN-Ozeankonferenz in Nizza. Dort wird auch darüber entschieden, ob sich die Nationen zu mehr maritimen Schutzzonen durchringen können. Und wer "Ozean" gesehen hat, versteht, dass dies eine Frage des Überlebens ist - nicht nur für die Meeresbewohner.

Kein Horrorfilm, aber in gewissem Sinne schon

Die Erforschung der Meerestiefen ist noch relativ jung und keineswegs abgeschlossen. Doch noch bevor die letzten Geheimnisse um das Zusammenwirken des hochkomplexen Ökosystems geklärt sind, arbeitet die Menschheit mit ungebremster Kraft an der Zerstörung der eigenen Lebensgrundlagen.

Unterwasserwunder: Wahlkuh mit Jungem.
Unterwasserwunder: Wahlkuh mit Jungem. © Olly Scholey


"Ozean" beginnt mit einer Feier der Schönheit und Vielfalt der Weltmeere, riesige Fischschwärme ziehen durch Unterwassergebirge, Wälder und Korallenriffe. Es sind aber nicht diese Bilder, die im Gedächtnis bleiben, sondern die verstörenden, noch nie gesehenen der industriellen Fischereiindustrie: Unterwasseraufnahmen vor der britischen und der türkischen Küste zeigen, wie mit kilometerlangen Schleppnetzen der Meeresboden zerstört und alles Leben vernichtet wird. Panisch versuchen Fische und Rochen vergeblich den Netzen zu entkommen. Ein Horrorfilm.

Ozeane können sich gut regenerieren, wenn wir sie lassen

Der Raubzug, ebenso der Abbau von Bodenschätzen, hinterlässt Spuren der Verwüstung, die man vom Weltall aus sehen kann. Und US-Präsident Trump will das Deep-Sea-Mining in internationalen Gewässern nun sogar noch ausweiten. "Bulldozer, die einen Regenwald niederwalzen, verursachen Proteststürme, aber wir tun dies jeden Tag unter Wasser. Sie würden sicher argumentieren, dass dies illegal sein müsste", sagt Attenborough mit feiner britische Zurückhaltung. Das Gegenteil ist der Fall: Mit 20 Milliarden Dollar jährlich werde dieser Raubbau global subventioniert, heißt es im Film.

Intakte Natur, denn Ozeane können sich regenerieren, wenn man sie in Ruhe lässt.
Intakte Natur, denn Ozeane können sich regenerieren, wenn man sie in Ruhe lässt. © Olly Scholey

400.000 Trawler agieren längst auch abseits der nationalen Hoheitsgebiete bis in die Antarktis, wo sie Millionen Tonnen Krill, die Grundlage eines ganzen Ökosystems entnehmen. Doch Attenborough entlässt den Zuschauer nicht mit einem apokalyptischen Blick in die Zukunft. Er ist überzeugt, dass es noch Zeit zum Gegensteuern gibt.

Vor der Küste Kaliforniens beispielsweise hat die Errichtung einer Schutzzone die Forscher überrascht. Viel schneller, als sie zu wagen gehofft hatten, ist dort nach wenigen Jahren aus einer Art Unterwasserwüste wieder ein intaktes Ökosystem entstanden mit einer Vielfalt von Pflanzen und Fischen. "Schutzzonen wirken", resümiert Attenborough und appelliert mit der ganzen Überzeugungskraft seiner Lebens- und Forschererfahrung an die Verantwortlichen, 30 Prozent der Meeresfläche vor Überfischung und Bodenschätzeabbau zu bewahren.

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Dies klingt vernünftig, aber der größte Raubfisch der Meere ist der Mensch. Riesige Flotten der Industrienationen fischen die Küsten Afrikas leer und rauben Menschen, die seit Jahrtausenden vom nachhaltigen Fischfang leben, die Überlebensgrundlage.

Bislang sei nicht einmal ein Prozent der Weltmeere effektiv geschützt, sagt Attenborough. Dabei kann nur ein intakter Lebensraum Meer die Zukunft der Menschheit sichern.


Kino: Mathäser (OV) R: Colin Butfield, Toby Nowlan, Keith Scholey (GB 105 Min.)

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