"Nichts passiert": Um Friedens Willen

Ist ja „Nichts passiert“: Eine Normalo-Familie gerät in einen Ausnahmezustand.
Wenn’s nicht so läuft, hilft ein Tapetenwechsel. Und für Thomas Engel (Devid Striesow) läuft’ s überhaupt nicht: Seine Frau Martina (Maren Eggert) ist zickig, die 15-jährige Tochter Jenny (Lotte Becker) altersbedingt ebenso. Vielleicht hilft ja ein gemeinsamer Skiurlaub in der Schweiz?
Damit der aber nicht nur privat, sondern auch beruflich nützt, nimmt Thomas auch Sarah (Annina Walt) mit, die pubertierende Tochter seines Chefs. Am ersten Abend erlaubt Thomas den beiden Teenagern, auf eine Party zu gehen – gegen den erklärten Willen seiner Frau. Als er die beiden abholen will, ist Sarah weg. Er findet das Mädchen irgendwo im Skidorf, kauernd und völlig verstört: Sie hatte Sex mit einem Jungen, sagt sie – gegen ihren Willen.
Sich im Vertuschen verstricken oder die riskante Wahrheit?
Der Schweizer Drehbuchautor und Regisseur Micha Lewinsky hat eine tolle Konstellation geschaffen: Seine Hauptfigur Thomas ist ein Jedermann, freundlich und sanft, aber auch konfliktscheu, unsicher, verdruckst. Wie soll ein solcher Mann mit dieser Situation umgehen?
Devid Striesow ist die perfekte Wahl, um die inneren Kämpfe dieses Normalos darzustellen. Der sagt das Richtige zu dem Mädchen („Willst Du nicht lieber deinen Vater anrufen?“), aber man sieht an seiner Miene, dass ihm das Falsche lieber wäre: Dass sie schweigt und sein Chef nicht erfährt, was der Tochter in seiner Obhut passiert ist.
„Nichts passiert“ ist stark, solange Striesows Figur hin- und her gerissen ist zwischen Moral und Opportunismus. Doch mit der Ambivalenz ist’s schnell vorbei: Thomas trifft eine falsche Entscheidung nach der anderen, bald geht es ihm nur noch darum, alles zu vertuschen und seinen Hals zu retten.
Das ist etwas weniger interessant. Und so rasant Thomas die Kontrolle über die Situation auch verliert – an Intensität gewinnt der Film dadurch letztlich nicht. „Nichts passiert“ bleibt dennoch bei allem Ernst recht unterhaltsam, vor allem dank Striesows tollem Spiel.
Kino: Atelier und Monopol, B&R: Micha Lewinsky, (D, 88 Min.)