"Mikro und Sprit": Für alle Außenseiter dieser Welt
Wer will schon einen Film über coole Kids sehen? Die Underdogs und Außenseiter sind doch viel interessanter. Michel Gondry („Vergiss mein nicht“, „Der Schaum der Tage“) ist es mit „Mikro und Sprit“ gelungen, einen Film über sie zu drehen, der keine billigen Klischees bedient.
Die beiden – eigentlich Daniel (Ange Dargent) und Théo (Théophile Baquet) – sind ganz spezielle Typen: Daniel ist introvertiert und vertieft sich am liebsten in seine Zeichnungen. Sein Freund, der Neue in der Klasse, ist ein gewitzter Bastler, der aus jedem Schrott noch irgendetwas Brauchbares zimmern kann. Als Sohn einer Versailler Hippie-Familie stand Gondry selbst eher am Rande des Schulhofs. Kein Wunder, dass er seine Figuren so liebevoll inszeniert.
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Von ihren Familien sind beide gelangweilt: Daniels Mutter (Audrey Tautou) versucht sich spirituell den Ängsten ihres Sprösslings zu nähern, während sein Bruder meint, er könne mit seiner Punk-Montur noch rebellisch sein. Théo wird vom Vater angeschrien oder von der übergewichtigen Mutter zum Kochen verdonnert. Die Ferien will also keiner daheim verbringen. Also schustert man sich ein fahrendes Häuschen zusammen und brettert mit 20 km/h über die französischen Landstraßen.
Ein abgefahrener Kindheitstraum
So abgefahren dieser verfilmte Kindheitstraum auch ist, es wird nie übertrieben unsinnig oder zu hektisch. Auch wenn die Situationen wunderbar absurd sind: so geraten die Ausreißer an ein Zahnarztpärchen, das sie aus Überfürsorge gar nicht mehr gehen lassen will. Aber unter einem Shakira-Poster schlafen? Nichts wie weg!
Es macht richtig Spaß, den Dialogen zuzuhören. Vor allem, weil Théo sich so ausdrückt, wie es ein Teenager nie machen würde („In unserem Alter sind Jungen, rein physiologisch gesehen, dümmer als Mädchen“). Eine wunderschöne Alternative zu gezwungenem Jugend-Slang.
Immer wieder ist auch die erwachende Sexualität ein Thema. Direkt und ehrlich wird besprochen, ob wie lange man reiben muss, bis was kommt. Diese Offenheit, die nie in Plattheiten endet, macht „Mikro und Sprit“ um einiges authentischer als viele amerikanische Highschool-Filmchen.
Man muss nicht im Alter der Figuren sein, um diesen Film zu genießen. Gondry liefert hier ein wunderbares Beispiel ab, wie Jugendfilme sein können: poetisch, lustig, aber auch – vor allem gegen Ende – ernsthaft und unsentimental. Nach „Mikro und Sprit“ wünscht man sich ehrlich wieder in die Adoleszenz zurück, als man noch Mut hatte, seiner Fantasie zu folgen.
Kino: Mathäser, Theatiner (OmU)
R&B: Michel Gondry (F, 104 Min.)
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