"Mickey 17" mit Robert Pattinson
Der Film geht nicht in allen Fragen ganz auf und hat ein bisschen zu viele turbulente Themen - im Rahmen eines Science-Fiction, der als Mafia-Thriller beginnt und auch noch eine Politsatire auf den Trumpismus eingebaut hat.
Aber "Mickey 17" ist ein wunderbar amüsanter Mix - mit Robert Pattinson, der hier einen sympathischen Looser spielt. Dieser Mickey stolpert slapstickhaft durch sein bizarres Leben.
Durchgekanllter Supernarziss: Eine klare Trump-Figur
Denn er hat sich, um brutalen, irdischen Geldeintreibern zu entkommen, auf eine Weltall-Mission gemeldet, die einen fremden Planeten besiedeln soll. Da er aber in seiner Mittelmäßigkeit nicht zu den Auserwählten zählt, muss er sich als Versuchskaninchen melden: für den MRT-artigen Menschenscanner. Immer wenn Mickey bei einem Überlebens-Testversuch stirbt, wird er wieder neu ausgedruckt: deshalb "Mickey 17".

Nach seinem weltweit gefeiertem kapitalismuskritischen Sozial-Kammerspiel "Parasite" überrascht der Koreaner Bong Joon Ho mit einem Sci-Fi. Es ist aber auch eine Rückkehr zu seinem Actionfilm "Snowpiercer" von 2013, in dem - nach einem misslugenen Klima-Rettungseingriff der Menschen - alles vereist und wenige Überlebende in einem riesigen Zug mit verschiedenen Klassen ewig um die Welt sausen, bis sich ein Aufstand zusammenbraut.
Intelligentes Überwältigungskino
Auch "Mickey 17" ist intelligentes Überwältigungskino, ohne dabei aber auf übermäßige Action, zu suggestive Musik oder allzu klassische Handlungen und Klischeefiguren zu setzten. Denn Science-Fiction ist letztlich nur interessant, wenn sich die Zukunftserzählung auch auf unsere Gegenwart bezieht. 2022 begann Bong Joon-Ho mit der Vorbereitung, nachdem ihm der amerikanische Krebsforscher Edward Ashton noch vor seiner Veröffentlichung das Skript seines Romans "Mickey 7" zugeschickt hatte. Und der Film hat prophetische Züge.

Denn Kommandeur des Raumschiffs zur Besiedelung ferner Planeten ist ein durchgeknallter Supernarziss mit rassistischen Reinheitsideen, der sich als Erweckungsprediger auf evangelikal anmutende Massenveranstaltungen stützt - gespielt von Mark Ruffalo ein schwacher Typ, aber größenwahnsinnig. In seiner Figur vereinen sich Macht, Technik und sektenartiger Führerkult.
Diese Trump-Musk-Kombination wird hier von einer Art Lady Macbeth (Toni Colette). gestützt. Dabei schreckt Bong Joon-Ho auch nicht vor direkten Vergleichen mit dem Faschismus zurück - inklusive der Lebensborn-Züchtung einer neuen, reinen weißen Rasse und Vergasungspläne für die tierischen, intelligenten Urbewohner des zu kolonialisierenden Planeten.
Das fast altmodische Setdesign führt den Film nah an unsere Gegenwart
Der Film impft all diese alarmierenden Aspekte aber nicht überplakativ der Handlung ein, sondern elegant tragikomisch. Ungewöhnlich lebendig macht "Mickey 17" auch eine gewagte dramaturgische Volte, die eben nicht nur viele Geschichtsverweise integriert. Nach einer halben irdischen Stunde landet der Film wieder am Ausgangspunkt, um von dort aus anderthalb Stunden weiter ins All zu fliegen. Dabei rückt Joon-Ho das Zukunftssetting nicht futuristisch oder extrem technizistisch von uns weg, sondern durch ein fast altmodisches Setdesign, das beim Raumschiff eher an einen ausrangierten Öltanker erinnert, nah an unsere Gegenwart heran.

Robert Pattinson ist auf dieser Odyssee im Weltraum ein Antiheld - unfreiwillig gestoßen in die Abenteuer, in die auch ethische Fragen eingebaut sind: nach dem Klonen von Menschen, nach Unsterblichkeit. Oder die Frage nach Ästhetik und Sympathie, weil die intelligenten Urtierwesen auf dem neuen Planeten äußerlich abstoßende Riesen-Kellerasseln sind, aber innerlich die wesentlich ethischeren Wesen.
Allein diese Fülle an gesellschaftlichen und politischen Fragen begeistert, ohne dass die Dynamik des Popcorn-Kinos darunter leiden würde.

Kino: Cinemaxx, Cadillac, Royal sowie Leopold, Monopol (OmU) und Mathäser, Museum, Cinema (OV)
R: Bong Joon-Ho (USA, 137 Min.)
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