Kinokritik: Ein Lied in Gottes Ohr - Trinken, huren, singen

Die missglückte Weltreligions-Toleranz- Komödie aus Frankreich: "Ein Lied in Gottes Ohr". Die AZ-Filmkritik.
Margret Köhler |
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Trio infernale: Moncef (Ramzy Bedia), Benoit (Guillaume de Tonquédec) und Samuel (Jonathan Cohen).
John Waxxx/Neue Visionen Trio infernale: Moncef (Ramzy Bedia), Benoit (Guillaume de Tonquédec) und Samuel (Jonathan Cohen).

Nicht jede Komödie aus Frankreich entpuppt sich als Kracher. Gallischer Humor treibt oft auch seltsame Blüten. So ist die Idee, einen katholischen Priester, einen Rabbi und einen Imam in eine Popgruppe zu stecken an sich nicht schlecht. Gerade in Zeiten, wo der Appell an religiöse Toleranz schnell verpufft, Juden und Christen Ziele von Terroristen sind und Anti-Islam Strömungen nicht nur bei den Rechten populär sind.

Aber gute Absichten und ein paar Kalauer reichen nicht. Die Story ist zu simpel: Ein Musikmanager steht unter Druck. Schafft er es nicht, eine Charts stürmende Band zusammenzustellen, verliert er seinen Job. Seine Frau ist schon weg. Da kommt ihm die glorreiche Idee, drei Gottesdiener aus den drei monotheistischen Religionen zum gemeinsamen Singsang zu verpflichten. Das trifft den Zeitgeist und sollte funktionieren, so das Kalkül.

Der Film spielt mit Klischees

Regisseur Fabrice Eboué (spielt auch den Manager) trägt dick auf, ließ sich von den "Singenden Priestern" inspirieren, die in Frankreich mehr als einer Million Alben mit klassischen Chansons verkauften, und zitiert Louis de Funès aus "Die Abenteuer des Rabbi Jacob" von 1973.

Sein Gute-Laune-Film spielt jetzt mit klischeehaften Figuren, die sich nicht um politische Korrektheit scheren. Der Jude Samuel ist ein Neurotiker, der Christ Benoit ein Mann mit unheiligen Gedanken, der Moslem Moncef säuft und treibt‘s gerne mit Nutten: Menschen mit Macken, die aber wieder genau in die Vorurteilskiste passen.

Bevor die drei Musik-Musketiere das Publikum mitreißen, ziehen sie erst einmal die Glacéhandschuhe aus und gehen sich an die Gurgel, um dann vereint in der Großen Show entsprechend ihrem Bandnamen spirituelle Balladen von "KoExistenz" zu trällern: ein politisch korrekter Hit in einem politisch gespaltenen Frankreich.

Oft verliert sich das Tohuwabohu in albernen Anzüglichkeiten, nur manchmal blitzt in dieser Ode an die Brüderlichkeit böser Witz auf, wenn die Manager-Assistentin schamlos am Lolly lutscht und süffisant Sex-Stereotypen persifliert, oder der prüde Samuel mit Drogen auf Hochtouren gebracht wird, dass sogar Keith Richard von diesem wild gewordenem Derwisch noch was lernen könnte. Und dass der immer um Frieden besorgte Pfaffe das Zölibat verflucht, wenn im Nachtclub zwei Damen ihre Hinterteile an ihm reiben, ist auch kein Wunder. Nach diesem filmischen Schlagabtausch kann man sich freuen, Atheist zu sein.


Kino: City, Solln, Leopold, Mathäser sowie Monopol (auch OmU) und Theatiner (OmU) | B&R: Fabrice Eboué (F, 90 Min.)

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