"Hail, Ceasar!": Ganz Hollywood in einem Film

Es gibt Filme, aus denen kommt man in einer „Singin’ in the Rain“-Stimmung. Und je weiter man durchs winterliche Nasskalt geht, desto mehr Aspekte poppen noch einmal in einem auf, die alle nur angerissen waren. Und das ist amüsante Größe und hintergründiger Fluch für das Publikum zugleich. Denn die Coen-Brüder fordern uns durchaus heraus – mit dem dramaturgischen Trick, dass wer eine der vielen Anspielungen nicht versteht, dennoch immer lachen kann.
Denn der Witz funktioniert auch so – wie in der Entführungsepisode mit Clooney. Er ist der sympathische, aber simple Star der neuen Toga-und-Sandalen-Großproduktion „Hail, Ceasar“ (eine „Ben Hur“-Persiflage). Jetzt aber ist er von einer kommunistischen Gruppe gekidnappt, die Geld für die Weltrevolution sammelt.
Hollywood: Babylon, Abenteuer, Glamour und Kommunismus!
Allein hier bauen die Coens Anspielungen auf den linken Vordenker Herbert Marcuse ein, auf Salon-Bolschewisten, die Paranoia der McCarthyzeit vor kommunistischer Unterwanderung. Sowjet-U-Boote und die verkitscht-patriotische Militär-Folklore in den 50er-Jahr-Filmen der UdSSR runden das Bild ab.
Die Hollywood-Starmaschine wird durch den Kakao gezogen (ein Westernstar wird wegen eines Ausfalls kurzerhand zum Dandy umstilisiert). Und Scarlett Johansson muss als sexy Jung-Diva nach außen für die Publikumsprojektionen ihre Jungfräulichkeit bewahren.
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Sie ist aber bereits durch mehrere Studiobetten gegangen - und jetzt schwanger! Gleichzeitig wird das Groß-Studio von Klatschkolumnistinnen (Doppelrolle für Tilda Swinton als Klatsch-Päpstin Sheilah Graham) mit einer drohenden Story über die Homosexualität eines Regisseurs (Ralph Fiennes) erpresst.
Wodurch aber wird dieser Streifzug durch „Hollywood Babylon“ zusammen gehalten? Josh Brolin spielt den Studio-Produktionsleiter, der kein Privatleben mehr kennt, weil er alle diese Unwägbarkeiten und Gefahren mal diskret, mal robust abwehren muss – und kurz vor dem Burn-Out auch noch von einer Rüstungsfirma abgeworben werden soll.
Aber – und das ist das Charme-Geheimnis des Filmes: Er wird wohl seinen aufreibenden Studio-Job nicht aufgeben. Denn anhand all dieser Geschichten aus der großen Studio-Zeit der 50er, wird nur bewiesen: „Ain’t no Business like Showbusiness!“
Das ist manchmal dramaturgisch etwas wild, aber „Hail, Ceasar!“ ist ein fantastischer Wohlfühl-Film, der einem auch noch das Vergnügen lässt, viele Hintergründe zu entdecken. Und am Ende ist wieder einmal klar: Kino – für diese Erlebniskultur werden Filme gemacht! Adrian Prechtel