Kritik

"Der Graf von Monte Christo": Für solche Erlebnisse wurde das Kino erfunden

Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière liefern mit "Der Graf von Monte Christo" ein opulentes Kino-Abenteuer. Die Kritik.
Volker Isfort
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Unschuldig im Kerker, die Liebe verloren, Reichtum als Mittel zum Zweck der Rache: Pierre Niney als Graf von Monte Christo.
Foto: Capelight Pictures 3 Unschuldig im Kerker, die Liebe verloren, Reichtum als Mittel zum Zweck der Rache: Pierre Niney als Graf von Monte Christo.
Aus dem Orient hat der Graf von Monte Christo die betörende Haydée (Anamaria Vartolomei) mitgebraqcht
Foto: Capelight Pictures 3 Aus dem Orient hat der Graf von Monte Christo die betörende Haydée (Anamaria Vartolomei) mitgebraqcht
Pierre Niney als Graf von Monte Christo, bei seinem Rache- und Maskenspiel
Foto: Capelight Pictures 3 Pierre Niney als Graf von Monte Christo, bei seinem Rache- und Maskenspiel

Seit 1908 fesselt der 1844 von Alexandre Dumas ersonnene "Graf von Monte Christo" auch die Filmwelt. Wobei jeder Regisseur und Drehbuchautor vor der Aufgabe steht, die weit über 1000 Druckseiten mit unzähligen Binnengeschichten auf eine Weise zu verdichten, dass die Essenz zur Geltung kommt: die Geschichte von Liebe, Verrat und Rache. Werktreue spielt bei den meisten Verfilmungen eher eine untergeordnete Rolle. 

Der Graf von Monte Christo begeisterte über neun Millionen Franzosen 

Frisch zurück von hoher See und mit einer Beförderung zum Kapitän gesegnet, steht dem Lebensglück von Edmond Dantès (Pierre Niney) eigentlich nichts im Wege: Führt er doch seine große Liebe Mercédès (Anaïs Demoustier) vor den Traualtar. Doch noch vor dem Ja-Wort wird er Opfer einer Intrige, von Soldaten festgenommen und von einem Staatsanwalt auf die Gefängnisinsel Château d'If, einer Festung auf einer Felseninsel vor Marseille, verbannt.

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Hier durchlebt er die verschiedenen Stadien der Verzweiflung, bis nach Jahren der Einsamkeit sein Zellennachbar bei dem Versuch einen Fluchttunnel zu graben bei Dantès landet. Dieser Abbé Faria (Pierfrancesco Favino) wird Dantès in den kommenden Jahren Fremdsprachen lehren und sein immenses Weltwissen, aber auch eine moralische Instanz sein. Kurz vor seinem Tod vertraut er Dantès an, wo er einen sagenhaften Schatz finden könne: auf einer unbewohnten Insel zwischen Korsika und Elba namens Monte Christo.

Aus dem Orient hat der Graf von Monte Christo die betörende Haydée (Anamaria Vartolomei) mitgebraqcht
Aus dem Orient hat der Graf von Monte Christo die betörende Haydée (Anamaria Vartolomei) mitgebraqcht © Foto: Capelight Pictures

Das französische Regie-Duo Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière, die schon als Drehbuchautoren für "Musketier"-Verfilmungen verantwortlich waren, hatten immerhin 40 Millionen Euro zur Verfügung, das zeitlose Abenteuer einer neuen Generation von Kinogängern an Herz zu legen – mit durchschlagendem Erfolg: Allein in Frankreich sahen über neun Millionen Zuschauer den Film.

Spannung pur, auch wenn man die Geschichte kennt

Die große Klasse der Regisseure lässt sich exemplarisch an einer der bekanntesten Szenen des Romans zeigen: der Flucht Dantés von Château d'If - eingenäht in den eigentlich für Abbé Faria bestimmten Leichensack, den die Gefängniswärter ins Meer werfen. Selbst wenn man diese Szene schon in einem halben Dutzend anderer TV- und Kinoverfilmungen gesehen hat und sich über den Ausgang natürlich völlig im Klaren ist: Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière schaffen unterstützt von der pulsierenden Musik von Jérôme Rebotier eine Spannung, die einen förmlich in den Kinosessel presst.

Pierre Niney als Graf von Monte Christo, bei seinem Rache- und Maskenspiel
Pierre Niney als Graf von Monte Christo, bei seinem Rache- und Maskenspiel © Foto: Capelight Pictures

Zurück in Marseille erfährt Dantès, wer seine Verräter waren und dass Mercédès in den 14 Jahren seiner Kerkerhaft nun mit einem von diesen verheiratet ist. Denn sie hielt Dantès für tot. Er entschwindet erneut ein knappes Jahrzehnt (von dem man auch im Buch fast nichts erfährt) und kehrt zurück als ein mit grenzenlosen Mitteln ausgestatteter, neureicher Racheengel, der mit ausgeklügelten Plänen seine Verräter in den Abgrund stürzen wird.

Ein Racheengel mit wechselnden Masken 

Der politische Hintergrund, die Restaurationszeit nach dem endgültigen Sturz Napoleons und die Einsetzung von Bürgerkönig Louis-Philippe nach der Julirevolution von 1830 wird im Film eher am Rande erwähnt. Aber es ist eine Zeit, in der das Geld und die Gier regieren, Telegraphen das (Börsen)leben beschleunigen und ein unerklärlich reicher Graf von Monte Christo schnell zum Stadtgespräch des Pariser (Geld)adels wird. Aber Edmond Dantès hat auch noch andere Rollen (und Masken) in petto.

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Die Regisseure haben mit Pierre Niney einen Grafen von Monte Christo gefunden, der – im Gegensatz etwa zur Verfilmung mit Gérard Depardieu - die von Dumas beschriebene kalte, düstere und asketische Aura perfekt verkörpert. Wie im Roman wird er ernennen müssen, dass auch Rache nicht alle Sehnsucht nach Genugtuung stillen, geschweige denn das Loch im Herzen heilen kann. Schon Abbé Faria hatte Dantès davor gewarnt, dass ein Mensch nicht Gott spielen dürfe. Aber Dantès wähnt sich auf einer Gerechtigkeitsmission.

Dieses überaus opulent verfilmte und geradezu aufreizend altmodisch erzählte Abenteuer bietet einen dreistündigen Kino-Eskapismus de luxe. Für solche Erlebnisse wurde das Kino erfunden.


Kinos: ABC, City, Rio sowie Theatiner (OmU)
R: Matthieu Delaporte und Alexandre de La Patellière (F, 178 Min.)

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