Filmfest München: Michel Ozelot mit den Scherenhänden

Kinderfilm? Ja, aber ganz sicher nicht nur! Das Filmfest München zeigt den Meister Michel Ozelot mit zwei Filmen  
Lena Pauli |
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Wer reitet so schnell durch nacht und Wind? Szene aus Michel Ozelots fantastischem "Prinzessinnen und Drachen“.
FFM Wer reitet so schnell durch nacht und Wind? Szene aus Michel Ozelots fantastischem "Prinzessinnen und Drachen“.

Kinderfilm? Ja, aber ganz sicher nicht nur! Das Filmfest München zeigt den Meister Michel Ozelot mit zwei Filmen.

München - Die Welt der Scherenschnitte lässt keinen Raum für Grautöne, für das Ungefähre. Eine schneidende Kontur umgibt Welt, Personen und Gegenstände. Dadurch wird ihre Existenz absolut, aber sie wird auch begrenzt. Der wunderbare Kontrast zu dieser Begrenzung sind die Geschichten und Figuren, die Michel Ocelot in seine Scherenschnittfilme hineinpflanzt. Seine Inhalte sind eben nicht ganz eindeutig, seine Figuren nie nur gut oder böse.

Kein Schwarz-weiß-Denken, sondern Magisches und Märchenhaftes

Da gibt es kein Schwarz-weiß-Denken, da geht es um Unwahrscheinliches, Magisches, Märchenhaftes. Da wirken Drachen zwar auf den ersten Blick bedrohlich, schrumpfen aber zu harmlosen Würmern zusammen, sobald ein mutiges Mädchen ihnen mit ihrem festen Blick in die Augen sieht. Dieses Zusammenspiel erzeugt einen sinnlichen, hypnotischen Sog und zieht in Michel Ocelots Welt von Fabeln und Märchen aus aller Welt hinein. Der 74 -jährige französische Filmemacher holte für seinen Film "Prinzessinnen und Drachen" Inspirationen aus dem russischen, dem indischen und orientalischen Märchenschatz.

Ocelot ist ein alter Bekannter des Festivals

Auf dem Filmfest München wird er in zwei Sektionen gezeigt, neben dem Kinderfilmfest läuft sein neuer Film auch in der Spotlight - Reihe. Ocelot ist ein alter Bekannter des Festivals. 2007 gewann "Azur und Asmar" (Vorstellung am Samstag, 01.Juli 2017, 14.30 Uhr im Carl-Orff-Saal im Gasteig) den Publikumspreis und 1998 kam er mit seinem ersten Langfilm "Kiriku und die Zauberin" zum ersten Mal nach München. Darin erzählt er die Geschichte von einem afrikanischen Dreikäsehoch, der sein Dorf aus den Fängen einer gemeinen Zauberin befreit. Ocelot, der einen großen Teil seiner Kindheit im westafrikanischen Guinea verbracht hat, war und fasziniert von deren Volkskultur und ihren Mythen und wollte sie umsetzen. Gegen Widerstände - dem Filmemacher wurde nahegelegt, die allgegenwärtige Nacktheit seiner Protagonisten, die vielen barbusigen afrikanischen Frauen und unbekleidet herumrennenden Kinder zu verhüllen. Der eigensinnige und auf Authentizität bedachte Ocelot weigerte sich - Im prüden Amerika kam der Film nicht in die Kinos - das europäische Publikum feierte ihn und der überraschende kleine Kassenerfolg bekam zwei Fortsetzungen.

Oft werden Fabeln durch philosophische Ansätze angreichert

In "Prinzessinnen und Drachen" kommt es nicht zum Nacktheits-Eklat. Da entspinnt nachts, in einem stillgelegten Kino, ein sonderliches Dreigespann aus zwei Kindern und einem alten Filmvorführer Abenteuergeschichten - die sie umgehend auf der Leinwand erleben. In vier Episoden müssen Monster besiegt, die Zauberkunst erlernt, eine Rattenplage beseitigt, und eine Prinzessin erobert werden. Oft reichert Ozelot die Fabeln klug um philosophische Ansätze an. In "Meisterin der Monster", steigt ein kleines Mädchen aus Platons Unwissenheits-Höhle voller ewig nölender Angstmenschen auf und wird oben von Sonne, Erkenntnis und einem Prinzen in Empfang genommen. In seine Abenteuergeschichten webt er Toleranzgebote, Plädoyers für Mut, Gerechtigkeit, Freiheit und Freundschaft ganz ohne erhobenen pädagogischen Zeigefinger - dadurch werden sie wunderbar annehmbar und bekommen eine tiefe Bedeutung. Mit leichtem, modernem, lockerem Ton und Humor erzählen seinen Filme die wahren Märchen - und keine disneyhaften Weichspülversionen. Es geht auch mal grausam zu, das Ende ist nicht immer für alle ein glückliches. Doch seine Silhouetten-Technik, die klar strukturierte und übersichtliche Handlung und die Ruhe, mit der er sie erzählt, entschärft die Märchenwirklichkeit.
Michel Ocelot hat seine Filme selbst als Trickfilme mit "Basteleffekt" bezeichnet. Und der bietet eine willkommene Abwechslung in einem Animationskino, das von den glatten, perfekt gestylten und flüssig bewegten, aber oft unbeseelten Figuren und Geschichten aus den amerikanischen Blockbuster-Produktionen dominiert wird.


"Prinzessinnen und Drachen", heute 16.30 Uhr, Theatiner.

Im Rahmen des Kinderfilmfests: , morgen, Mittwoch, 28. Juni, 15 Uhr, Carl-Orff-Saal und Freitag, 30. Juni, 9 Uhr, Gasteig, Carl-Amery-Saal
"Azur und Asmar": Samstag, 14.30 Uhr, Gasteig, Carl-Orff-Saal


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