Endlich: Kinostart für Karoline Herfurths Film "Wunderschön"
München - Karoline Herfurth zählt nicht nur zu den erfolgreichsten Schauspielerinnen ihrer Generation, seit einiger Zeit tritt die 37-jährige mit Filmen wie "SMS für Dich" oder "Sweethearts" auch als Autorin und Regisseurin in Erscheinung. In "Wunderschön" (ab Donnerstag im Kino), in dem sie auch die Hauptrolle übernahm, erzählt Herfurth von fünf Frauen unterschiedlichen Alters, die sich von gängigen Schönheitsidealen unter Druck gesetzt fühlen.
Karoline Herfurth: Das lange Warten auf den Kinostart
AZ: Frau Herfurth, Ihr Film ist schon lange fertig. Wie schlimm waren das Warten auf den Kinostart und die Angst, dass andere Filme oder Serien Handlungselemente vorwegnehmen?
KAROLINE HERFURTH: Ich hatte tatsächlich etwas Angst. Letztes Jahr kam plötzlich Werbung mit diverseren Körperformen auf. Das finde ich erstmal toll. Aber ich dachte mir: "Uns gab es vorher! Nicht hinterher, vorher!" Trotzdem gehört dieser Film in diese Zeit und erzählt nicht Schnee von gestern. Angst hatte ich in den letzten anderthalb Jahren noch mehr in vielen anderen Bereichen und es war für uns alle eine kollektive Erfahrung eines großen Durcheinanders. Von daher hat es sich selbstverständlich angefühlt, dass der Film erst mal wartet. Bei der letzten Verschiebung habe ich gemerkt, dass ich erschöpft bin - aber wem geht es nicht so? Deswegen will ich mit dem größtmöglichen Respekt und mit Demut sagen: Mir geht es so gut, ich will mich gar nicht beschweren.
Herfurth: Selbst Hinterfragen, muss ich dem Ideal entsprechen
Ihr Film setzt sich mit falschen Schönheitsidealen auseinander. Spielten dabei auch persönliche Erlebnisse aus der Pubertät oder dem Job eine Rolle?
In meinem Leben hat Schönheitsdruck eine große Rolle gespielt. Ich habe spätestens mit elf angefangen, mich mit Idealen zu vergleichen. Und ich habe sehr darunter gelitten, wenn ich ihnen nicht entsprach. Ich habe viel Kraft, Zeit und Energie darauf verwendet, um mich einem Ideal anzunähern. Ich habe auf Genuss verzichtet, mich sehr kontrolliert und extrem viel Sport gemacht. Ich habe alle möglichen Sachen nicht gegessen, weil ich dachte, dass man davon dick wird. Erst mit Mitte 20 habe ich mich zum ersten Mal gefragt, ob ich diese Dinge tue, weil sie mir Spaß machen oder weil sie einem Bild folgen, dem ich glaube entsprechen zu müssen. Ich habe mich gefragt, wer ich da drunter eigentlich bin, wer ich sein will, was mir Spaß macht und wo meine innere Flamme angeht? Schmeckt mir Sushi wirklich oder esse ich das nur, weil es momentan cool und scheinbar gesund ist? Bin ich gerade gerne auf diesem Laufband? Warum schaue ich dann die ganze Zeit auf meine Uhr? Ich habe mich so oft gelangweilt, weil ich nicht die Dinge gemacht habe, die mich berührt oder die mir entsprochen haben. Das hatte mit mir nicht mehr viel zu tun. Ich wusste auch gar nicht so richtig, was "mir" bedeutet.
Was haben Sie geändert?
Ich habe mich getraut, dazu zu stehen, was mich wirklich anfixt: dass ich kitschige Musik mag, dass ich leichte Belletristik mag, dass ich manchmal gerne Klatschzeitschriften lese - obwohl ich mit Klatsch aufgehört habe, weil ich es einfach brutal finde. Und dass ich gar nicht so wahnsinnig aufregend bin, sondern total gerne zu Hause hocke und puzzle. Ich habe einfach angefangen, eine Beziehung mit mir selbst einzugehen. Dann kam Nora Tschirner und hat mir "Embrace" gezeigt, einen Dokumentarfilm über Körperdruck von Taryn Brumfitt, den sie mitproduziert hat. Das hat mich umgehauen.
"Wunderschön": Dokumentarfilm über Körperdruck die Initialzündung
Inwiefern?
Man hat ja sonst immer Angst etwas zu verpassen. Durch diese Begegnung und durch die Auseinandersetzung mit dem Film habe ich plötzlich Angst bekommen, mich selbst zu verpassen. Ich habe mir die Frage gestellt: "Wenn ich das Ganze einfach mal nicht tue, was passiert dann mit mir? Was für Möglichkeiten eröffnen sich?" Ich habe nicht aufgehört, das zu untersuchen. Und ich muss gestehen, dass es mir immer besser geht. Es ist nicht so, dass ich diesen Reflex immer ausgeschaltet bekomme. Nora hat ein schönes Bild dafür gehabt: Man steht vor einer Wand und drückt die ganze Zeit dagegen, versucht sie wegzuschieben und zu bekämpfen. Dann dreht man sich um und sieht ein riesiges, freies Feld mit ganz vielen, tolle Dingen, die man alle machen kann. Ich habe gemerkt, dass ich diese Wand nicht schieben muss. Ich kann einfach auf dieses Feld gehen und andere Dinge tun, die mir wirklich Spaß machen.
Im Film beäugen sich junge Mütter nach der Rückbildungsgymnastik gegenseitig kritisch. Warum sind es gerade Mütter, die mit anderen Müttern so unglaublich hart ins Gericht zu gehen scheinen?
Ich habe für dieses Phänomen auch nicht die perfekte Begründung. Bei uns ist es für Frauen erstaunlicherweise gar nicht so selbstverständlich, Netzwerke aufzubauen, sich gegenseitig zu unterstützen und auch Schwächen behutsam und respektvoll aufzufangen. Kindererziehung ist eine große Aufgabe, eine große Herausforderung und eine große Überforderung. Da passiert wahnsinnig viel mit Eltern, insbesondere mit Müttern, weil sich ihr Leben komplett verändert. Ihre Position in der Gesellschaft und die Strukturen brechen plötzlich ein. Es gibt ja das Phänomen, dass Paare vor dem Eintritt in die Elternschaft gleichberechtigter dastehen als danach. Danach verfallen Paare in dieses klassische Modell. Die Aufgabe des Kinder Großziehens lastet einsam auf den Schultern der Eltern und da hauptsächlich auf denen der Frauen. Aus dieser Überforderung entsteht ein großer Druck, der sagt: "Ich muss das perfekt machen!". Die Arbeit und die Leistung werden nicht als solche gesehen und anerkannt.
Herfurth: Kindererziehung als Leistung anerkennen
Was müsste sich ändern?
Frauen bekommen wenig gesellschaftliche Hilfe von außen und sind einsam mit dieser Aufgabe. Mit einem Säugling zu Hause ist man hilfsbedürftig. Ich sehe da einen großen Aspekt. Wenn wir es schaffen, dieses ganze Kinder-Großziehen als die Leistung anzuerkennen, die es nun mal ist und dann auf mehrere Schultern zu verteilen, würde man dem schon Abhilfe schaffen. Dann würden Frauen vielleicht auch gegenseitig sanfter zueinander sein können. Es geht ja auch um so viel. Nicht zuletzt um das Kindeswohl. Außerdem sind Mütter einfach sehr müde. Väter manchmal auch.
Lehnen Sie Schönheits-OPs an gesunden Menschen ab?
Persönliche Entscheidungen, die das Äußere anderer Menschen betreffen, gehen mich nichts an. Diese öffentliche Diskussion, ob jemand richtig oder nicht richtig aussieht, finde ich nicht in Ordnung. Es interessiert mich auch nicht so brennend. Es sei denn, dieser Mensch hat etwas mit mir persönlich zu tun und ich habe das Gefühl, das dahinter Leid oder Selbstbetrug steckt.
Herfurth: "Ich würde niemandem mit Skalpell Macht über mein Aussehen geben"
Und was gilt für Sie?
Für mich wünsche ich mir, dass ich den Prozess des Altwerdens und mich erleben kann. Wenn ich im Schnitt sitze und einen Film bearbeite, dann gibt es minimale Eingriffe, die einen großen Effekt haben. Das heißt auch, dass der Mensch, der das Skalpell in der Hand hat, die Macht hat, mein gesamtes Äußeres zu bestimmen. Ich würde das niemals jemandem in die Hände geben. Ich würde danach nicht denken, dass ich jetzt glücklicher bin und mehr geliebt werde, weil ich anders aussehe. Mir geht es sehr viel besser, seitdem ich mich nicht mehr so viel damit beschäftige.
Sie haben für den Film 10 kg zugenommen. Wie wohl haben Sie sich gefühlt?
Ich habe mich anders gefühlt, aber es war nicht das erste Mal, dass ich zugenommen habe. Damit ich 10 kg zunehmen konnte, musste ich mindestens alle drei Stunden etwas essen und durfte mich nicht zu viel bewegen. Das war für mich schwierig, weil ich von allein nicht viel Hunger hätte und ich jemand bin, der gern in Bewegung ist. Es gab im Sommer so manche Situation, in der es heiß war und ich geschnauft habe, wenn ich Treppen gestiegen bin. Da habe ich gemerkt, dass ich gern wieder etwas fitter werden möchte.
Herfurth: Bei Ernährung auf Körper hören
Wie ist Ihnen das anschließend gelungen?
Der Stoffwechsel ist ein komplexes Thema und mein Körper weiß immer noch am besten, was er gerade braucht und was nicht, daher fingere ich nicht gerne in der Ernährung herum. Ansonsten habe ich eine Personal-Trainerin, mit der ich viel Sport mache. Sie macht unterschiedliche Sachen, sie ist auch Osteopathin und kennt meinen Körper sehr gut. Ich bin aber etwas gemütlicher geworden. Früher hatte ich einen größeren Ehrgeiz, mittlerweile flowe ich am liebsten. Das hat auch ein bisschen was Akrobatisches und Tänzerisches, was ich ja als Jugendliche gemacht habe.
In München im Cinemaxx, Sendlinger Tor, Mathäser, Rio
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