Eine fantastische Fülle
Februar 1960: Die Premiere von „La dolce vita" in Mailand endet mit Zwischenrufen: „Aufhören!“, „Schande!“, „Moralisch unannehmbar“, schreibt der Katholische Filmdienst. Federico Fellini wird angepöbelt. Aber der Siegeszug des Films ist nicht aufzuhalten. Dabei ist er wunderbar sinnlich, aber auch von Melancholie durchwoben. Und er berührt alle Lebensfragen: Sex und Treue, die Gretchenfrage, wie man es mit Gott hält, Karriere oder Moral, Selbstmord, Freiheit, Alter und Liebe. Fellini war gerade 40 Jahre, als der Film die Goldene Palme in Cannes errang.
Angefangen hatte Fellini noch im neorealistischen Stil mit „La strada“ (Mi, 23.4.,18.30 Uhr), der 1954 den Oscar gewann. 1957 spielt erneut Fellinis Frau, Giulietta Masina, mit: die Prostituierte in „Die Nächte der Cabiria“ (30.4., 18.30 Uhr). 1963 kam„8 1/2“ (6.5.). Hier war es Marcello Mastroianni, der sich in Amouren verliert, von seinen Produzenten gehetzt wird, aber keine Kreativität mehr hat. So verarbeitete Fellini seine Krise gleich in einem witzigen Film.
Bei aller Verschiedenheit seiner Werke spürt man bei Fellini immer seine persönliche, zeitlose Handschrift: das Träumerische, die Liebe zum Zirkus, Ironie, Menschenliebe. Und dennoch sind viele Fellini-Filme auch Zeitspiegel: Das sexuell ausschweifende „Satyricon“ ist 1969 zwar die Verfilmung des Dekadenz-Schelmen-Epos der Nero-Zeit, aber die sexuelle Revolution mischt hier mit.
Nach seinem nostalgischen Kindheitserinnerungs-Film „Amarcord“ schreckte er 1980 mit seinem angeblich sexistischen Beitrag zur Frauenemanzipation auf: „Die Stadt der Frauen“. Dabei war Fellini der größte Freund der Frauen. Wunderbarerweise kann man im Filmmuseum auch die frühen Werke Fellinis sehen, zum Teil noch in Zusammenarbeit mit Roberto Rossellini (morgen 21 Uhr: „Il Miracolo“ und „Francesco, der Gaukler Gottes“. Heute beginnt die Werkschau mit einem Dokumentarfilm über Fellini von Ettore Scola (19 Uhr).
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