Ein Schütze, viele geistige Attentäter
Der israelische Starregisseur Amos Gitai beleuchtet die Hintergründe des Attentats von 1995: „Rabin, The Last Day“
Ein Abend, an dem die Welt für einen Moment still stand. Am 4.11.1995 erschoss ein 25-jähriger religiöser Fanatiker den Friedensnobelpreisträger und israelischen Ministerpräsidenten Yitzhak Rabin mit drei Schüssen aus nächster Nähe. Ein Mord, der die Karten im Nahen Osten neu mischte, dem Friedensprozess nach den Verträgen von Oslo ein Ende setzte und das Land bis heute veränderte und traumatisierte. In „Rabin, The Last Day“ rekonstruiert Amos Gitai diesen letzten Tag. Basierend auf der Arbeit der Untersuchungskommission entsteht ein schwer entwirrbares, emotional aufwühlendes Puzzle aus Archivmaterial, Fernsehaufnahmen, Interviews und nachinszenierten Szenen mit authentischen Dialogen. Die Verantwortlichen schieben sich gegenseitig die Schuld zu, die Polizei erhielt falsche Instruktionen, die Bodyguards versagten, der Sicherheitsdienst war nicht vorbereitet. Aber die eigentliche Ursache war der vom politischen Gegner geschürte Hass, die wüste Hetzkampagnen im Vorfeld, sie bereiteten den Nährboden für die Tat. Die Kamera folgt dem Geschehen aus verschiedenen Blickwinkeln, mal vom Dach in der Totalen, dann nähert sie sich der Stelle des Attentats, fährt mit dem verletzten Rabin ins Krankenhaus, fängt die Nachricht seines Todes ein, die Reaktionen.
Was bleibt ist das erschütternde Porträt einer auseinander brechenden Gesellschaft, ein politisches Essay, dessen 153 Minuten sich bis zur letzten Sekunde lohnen. Es mag einen geben, der geschossen hat. Aber viele, die mit am Drücker saßen. Margret Köhler
heute, 19.30 Uhr, City; morgen, Dienstag, 16 Uhr, Rio und Sa, 2.7., 14 Uhr, City
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