Ein Mann, ein Befehl
Es blitzt, ein Schock – und dann beginnt man das Zählen. Bis der Donner kommt, und man endgültig die Gewissheit hat, jetzt doch besser den Fernseher auszumachen. Eine ganz ähnliche Szene spielt sich in „96 Hours – Taken 2” ab, und sie gibt auch bestens wieder, mit welcher Art von Film man es hier zu tun hat.
Bryan Mills (Liam Neeson) und seine Ex-Frau wurden in Istanbul gefangen genommen. Nur ein Handy konnte Bryan verstecken. Mit dem kontaktiert er seine Tochter Kim (Maggie Grace), die ihm vom Hotel aus helfen soll, ihn zu finden. Wie das geht? Ganz einfach, Kim öffnet auf Befehl von Papa seinen Waffenkoffer und wirft zitternd eine Granate aus dem Fenster. Dann beginnt Daddy zu zählen, um zu orten, wie weit er von ihr entfernt ist. Das Spiel wiederholt sich, bis Kim ihn ausfindig macht und Bryan seinen Peinigern zeigen kann, warum es keine gute Idee ist, sich mit ihm anzulegen.
Wie aus dem Nichts eroberte vor drei Jahren „96 Hours” weltweit die Kinocharts. Dabei war der Plot denkbar simpel. Die Tochter eines EX-CIA-Profis wird in Paris von einem albanischen Mädchenhändlerring entführt, worauf ihr Vater sich an den Bösewichtern rächt. Die Schnörkellosigkeit der Inszenierung und die Radikalität, mit der Liam Neeson Selbstjustiz verübte, beeindrucke allerdings die Actionfans. Am Ende war die von aller Moral und Doppelbödigkeit befreite Luc-Besson-Produktion auch eine Abkehr vom verkopften Actionhelden der letzten Jahre.
Warum die aufwändigere Fortsetzung eher einer Parodie des Originals gleicht, hat viele Gründe. Zum einen ist die Handlung trotz dem Schauplatzwechsel nach Istanbul nur eine einfallslose Variation – die Väter der Opfer aus Teil eins wollen Vergeltung. Zum anderen wird Liam Neesons Charakter zunehmend zur Witzfigur, wenn er machomäßig im Dauerbefehlston („Konzentrier dich!”) mit seiner Familie spricht oder einfach Unsinn verzapft („Da vorne sind Soldaten!” – „Die weichen aus.”). Auch der Wechsel hinter der Kamera hat dem Film nicht gut getan. Besson-Zögling Olivier Megaton liefert schicke Istanbul-Touri-Bilder, aber von gut getimter und übersichtlich gefilmter Action hat er keine Ahnung.
Am ärgerlichsten an „Taken 2” sind aber die rassistischen Klischees. Jedenfalls sollte sich Besson mal fragen, warum Osteuropäer in seinen Filmen grundsätzlich heruntergekommene Grobiane sind, die nichts anderes zu tun haben, als vor der Glotze zu sitzen oder Jagd auf Amerikaner zu machen.
Kino: Cinema (OV), CinemaxX, Mathäser, Münchner Freiheit
R: Olivier Megaton (F, 91 Min.)