Ein letztes Mal: Tom Cruise stellt neuen "Mission Impossible" vor
Nach zweidreiviertel Stunden ohne jegliche Länge hat Ethan Hunt die Welt gerettet. Und weil ein Actionfilm nur soviel wert ist, wie er uns über unser Heute sagt, ist der große Gegner schon seit ein paar Runden „Entity“, ein selbstlernendes, sich verselbständigt habendes Computerprogramm, dass die Menschen via eines gegenseitigen Atomschlages aller Atommächte auslöschen will. Die menschenlose Welt wäre dann computerregiert, und der Satz: Der Mensch kommt nicht ohne die Natur aus, aber die Natur ohne ihn, überholt: Die Digitalität kommt ohne den Mensch aus, aber er nicht mehr ohne sie.
Ironiker haben den offiziellen Abschlussfilm der „Mission: Impossible“-Reihe nach 29 Jahren deshalb für unvermeidlich gehalten, weil auch Tom Cruise - jenseits der Unsterblichkeitslehre von seiner Scientology Church und Sauerstoffzelten - altern muss. Aber wenn man ihn jetzt so sieht, - live in Cannes und im Film - könnte er einfach weitermachen, egal wieviel Maske am Werke war.

Denn schließlich ist er am Ende von „Mission: Impossible - VIII, The Final Reckoning“ auch nicht tot, sondern trifft die Überlebenden seiner Spezial-Crew am Londoner Trafalgar Square, wo die Menschen feiern, dass das nukleare Armageddon nicht stattgefunden hat. Und wäre er nicht Amerikaner, wäre es ein guter Gag gewesen, wenn eine Rolls-Royce-Limousine vorgefahren wäre und Ethan Hunt direkt zum nahen Buckingham Palace gefahren hätte, um ihn - im Auftrag Seiner Majestät zum neuen 007 zu machen.
Der nahbare Star
Denn das ist da Starke an „Mission: Impossible“: Es ist völlig unverstaubt, weil Frauen nicht sexy Sidekicks sind, sondern handelnde Personen wie der Love-Interest Grace (Hayley Atwell), der als Mensch gar nicht hinter der Weltrettungspflicht von Ethan Hunt zurücksteht, sondern im starken Team ist.
Tom Cruise hat es Cannes nicht leicht gemacht, denn er hatte seine Promo-Tour des geschätzt unglaublich teuren Films von 400 Millionen Dollar, auch wegen des Hollywoodstreiks und Corona-Nachwirkungen - schon vor zehn Tagen in Japan begonnen, was an der Cannes-Ehre kratzt. Cruise hat das in seiner charmanten Manier wieder wett gemacht: Entgegen dem Protokoll hat er Fans am eigentlich sehr abgeriegelten Roten Teppich Autogramme und Selfies gewährt. Und er ist nach der Premiere nicht zum Hinterausgang raus, sondern ist noch einmal oben zum Winken aus dem Theatre Lumière getreten. Und auch als seine schwarze Limousine schon mit ihm abgefahren war, ließ er noch einmal das Fenster herunter, um den Fans zu winken.

Der größte Star war damit ironischerweise auch der nahbarste. Und als Regisseur Christopher McQuarrie seine „Meisterstunde“ vor Publikum im großen Kino Debussy gab, war er nach 20 Minuten fertig sagte, er habe noch einen Freund mitgebracht: Tom Cruise trat unangekündigt auf die Bühne.
Es ist das Physische, was den Film echt macht
Solche moderierten Gespräche sind nicht immer besonders erhellend. Aber immerhin erzählte Cruise, dass er bei den Stunts auf zwei Doppeldecker-Flugzeugen, deren Kampf mit dem Gegenspieler natürlich an den Roten Baron von Richthofen im Ersten Weltkrieg erinnert, nicht mehr die Kraft hatte, sich ins Flugzeug zu ziehen, nur noch für drei Minuten Treibstoff im Tank waren und er fast bewusstlos geworden wäre. Das kann man albern und theatralisch finden. Aber im Saal lachte man dann doch befreit, dass Cruises achter „Mission: Impossible“ nicht sein letzter wurde, weil er beim Dreh gestorben ist.
Das ist es, was seinen Film so packend macht: Man meint, den teilweisen Verzicht auf Digitalität bei den Stunts zu spüren. Es ist das Physische, was den Film echt macht. Und wenn man hier - bei allen am Ende zusammengeführten Fäden aus allen Episoden - durchaus bewegt ist, liegt das auch daran.

Hat der Film eine politische gesellschaftlich relevante Botschaft? Ja, denn es wird immer wiederholt: Unser Schicksal ist nicht vorherbestimmt. Wir können es selbst in die Hand nehmen. Und dazu bedient sich Cruise fast demokratisch eines Teams: Es braucht technische Intelligenz (Hunts Freund Luther, gespielt von Ving Rhames), zupackenden Mut, wie ihn Missionsgefährtin Grace hat und auch politische Verantwortung: Die amerikanische Führungsfigur ist hier eine Kamala Harris nicht unähnliche Präsidentin, die letztendlich Vertrauen und Menschlichkeit gegen rein rationale Taktik setzt.
Und die Russen? Die sind hier natürlich nicht die Guten, aber auch nicht abgrundtief primitiv die Bösen: Eine gute Grundlage zu verhandeln, nachdem die Welt gerettet wurde. Und wenn man Tom Cruise erlebt hat, würde man ihn glatt als Verhandlungsführer einsetzen. Denn der virile Möchtegern-Macher und Politik-Schachspieler Putin könnte Respekt vor diesem Ethan Hunt / Tom Cruise haben.
Der Film kommt am 22. Mai in die deutschen Kinos