"Eddington": Darum polarisiert der Film mit Joaquin Phoenix

Ob man nun ein Fan von Ari Asters (39) Arbeit ist, oder ihr nichts abgewinnt: Der Vorwurf, dass seine Werke zu gewöhnlich seien, kann nicht geltend gemacht werden. Mit seinem wilden Genre-Mix "Eddington", der am 20. November in den deutschen Kinos anläuft, beweist der US-amerikanische Regisseur das zum nunmehr vierten Mal. Es ist sein womöglich polarisierendster Film - und das will nach "Hereditary", "Midsommar" und "Beau Is Afraid" schon etwas heißen.
Vernünftig versus unvernünftig? Darum geht es
Es ist das Jahr 2020. Selbst in Eddington, einer abgeschiedenen Kleinstadt mitten im Nirgendwo von New Mexico, hat die Corona-Pandemie und all deren Auswirkung auf den Alltag der Menschen Einzug gehalten. Mit den strengen Lockdown-Maßnahmen von Bürgermeister Ted Garcia (Pedro Pascal, 50) sind viele Bewohner von Eddington nicht einverstanden. Dass sich ausgerechnet der örtliche Sheriff Joe Cross (Joaquin Phoenix, 51) als Maskenverweigerer entpuppt, trägt nicht unbedingt der Deeskalation innerhalb der Bevölkerung bei. Lange dauert es nicht, und es gibt einen ersten Mordfall zu lösen...
Von allem etwas
War sein Debütfilm "Hereditary" im Kern noch ein reinrassiger Horrorfilm, versuchte sich Aster mit seinem zweiten Film "Midsommar" bereits an der Revolution des Genres und verfrachtete das Grauen inmitten eines gleißend hellen, geradezu malerischen Ortes. Mit "Beau Is Afraid" tobte er sich dann so richtig aus und schickte Joaquin Phoenix auf eine kafkaeske Reise in den Wahnsinn, die aber selbst für viele Fans etwas zu abgedreht - und mit drei Stunden viel zu lang - daher kam.
Auch für seinen vierten Spielfilm setzt er auf den ausdrucksstarken Oscarpreisträger und stellt ihm Hollywoods neue Allzweckwaffe Pedro Pascal entgegen. Herausgekommen ist ein Zwist, der sich über zahlreiche Stilrichtungen erstreckt. "Eddington" ist sowohl Neo-Western als auch Film Noir, rabenschwarze Komödie und Sozialkritik mit Horror-Einschlag. Themen wie Künstliche Intelligenz und Black Lives Matter werden darin ebenso miteinander verwurstet wie Verschwörungstheorien und generelle Radikalisierung. Kurzum: Aster macht nicht nur ein Fass auf, sondern kippt gleich mehrere zusammen und rührt die explosive Mischung mit diebischer Freude um.
Für wen ist der Film?
Ein wirkliches Zielpublikum scheint es damit gar nicht zu geben. Warum es "Eddington" nicht nur deshalb schwer haben dürfte: Der Film hält beiden Fronten vehement und ohne Gnade den Spiegel ins Gesicht - richtet sein Scheinwerferlicht auf die wechselseitige Scheinheiligkeit. Die einen versperren sich aus purem Trotz vor allem Neuen. Die anderen wollen die Veränderung notfalls mit der Brechstange herbeiführen, zeigen sich in ihrem Idealismus aber doch überraschend flexibel. Die moralische Deutungshoheit beanspruchen natürlich beide Parteien für sich.
Wo die Prämisse eigentlich eine klare Positionierung ermöglicht hätte, so wie es etwa "One Battle After Another" getan hat, tritt "Eddington" lieber jedem vors Schienbein. Ein mutiger Ansatz, der großartig von Phoenix und Pascal als Yin und Yang der Story rübergebracht wird, sein Publikum jedoch vor eine provokative Aufgabe stellt: Wie sehr seid ihr bereit, die Schuld an der Misere nicht ausschließlich bei den anderen zu suchen?
Fazit
Mit "Eddington" versammelt Ari Aster nicht nur einen großartigen Cast, der neben Pedro Pascal und Joaquin Phoenix unter anderem auch Austin Butler und Emma Stone umfasst. Er holt mit seinem Genre-Hybrid zum sozialkritischen Rundumschlag aus. Viele Kinogänger werden wohl leicht pikiert bis schwer überfordert aus dem Saal gehen - genau darauf hat es der Regisseur mit "Eddington" angelegt.