„Die Taschendiebin“: Im goldenen Käfig erotischer Intrigen
Die Kunst der Erotik besteht in ihrer Subtilität. Genau das unterscheidet sie vom Sex. Park Chan-wook war schon immer ein Kinobild-Meister. Und mit seinem Rachefilm „Oldboy“ wurde er 2003 bekannt, auch wenn er hier seine Ästhetisierungen hier für Grausamkeiten eingesetzt hatte.
Auch in „Die Taschendiebin“ wir am Ende mit einem Sadisten grausam abgerechnet, er hatte den Wunsch zweier Frauen, reich zu werden, gegeneinander ausgespielt, damit sie sich gegenseitig verraten würden. Aber er unterschätzt die Raffinesse der Frauen, vor allem, wenn Liebe ins Spiel kommt – lesbische.
Dabei ist der Film durchaus sanft voyeuristisch, aber weil die Protagonistinnen gefangen sind in einem Standesunterschied (Kammerzofe und Herrin) und noch im despotischen Haus des reichen Onkels (Jo Jin-woong) im goldenen Käfig gehalten werden, müssen Alltagsverrichtungen und Gefälligkeiten aufgeladen werden.
In einer fantastisch erotischen Szene soll das neue Dienstmädchen Sookee (Kim Tae-ri) ihrer Herrin Lady Hideko (Kim Min-Hee) in der Badewanne einen etwas zu scharfen Zahn, der die Zunge zu verletzten droht, sanft abfeilen. Sie nutzt das elegant zu einem wunderbaren Verführungs-Andeutungs-Akt.
Ein herrschaftlich koreanischer Intrigen-Krimi
„Die Taschendiebin“ aber ist vor allem ein Intrigen-Krimi. Der spielt zwar fast ausschließlich in einem herrschaftlichen koreanischen Anwesen, spiegelt aber auch das japanische Besatzungsregime in Korea (1910 – 1945), hier im Film als Geschichtsausschnitt in den 30er Jahren. Die traditionelle verwinkelte Villa mit großem Park, die vielen Schiebetüren, Schränke und Badezimmer entfalten einen dunkel schimmernden Glanz.
Alle Gegensätze spielt Park Chan-wook hier durch: arm und reich, frei und gefangen – bis hin zur perfiden Einweisung in ein Irrenhaus. Loyalität, Liebe, Gaunerei und Verrat, werden gegeneinander ausgespielt. Bildung und Unbildung spielen eine Rolle, schließlich geht es auch um die erlesene Erotika-Romansammlung des „bösen Onkels“. Oder: Kulturimperialismus und besetzte Kultur sowie Ohnmacht und Macht, die sich hier auch in dekadent-erlesenem Sadismus äußert, ausgelöst durch die Unfähigkeit zum eigenen Gefühl.
Das alles lädt die Geschichte intelligent und psychologisch und sogar leicht geschichtlich auf und bringt so Filmkunst mit Filmerotik zusammen, die wiederum Männer und Frauen gleichermaßen anspricht – denn die anfangs zart lesbische Liebe verdoppelt ja auch die männliche Projektionsfantasie.
Kino: Monopol
R: Park Chan-wook (Südkorea, 145 Min.)
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