Die Sch’tis in Paris - die Filmkritik
Eine tragende Rolle hat in "Die Sch’tis in Paris" erneut Regisseur, Drehbuchautor und Hauptdarsteller Dany Boon. Er spielt einen erfolgreichen Pariser Architekten, dessen Image ins Wanken gerät, als ihn seine Familie aus dem Norden besucht. Denn dass er aus dem als provinziell geltenden Teil des Landes stammt, weiß in seinem neuen Leben niemand. Pierre Richard tritt als Boons Vater auf, der mit den Großstadt-Attitüden seines Sohnes so gar nichts anfangen kann.
AZ: Monsieur Boon, Monsieur Richard, in "Die Sch’tis in Paris" verleugnet die Hauptfigur einen Teil ihrer Identität, um erfolgreich zu sein. Ein Impuls, den sie nachvollziehen können?
DANY BOON: Na ja, die Frage, die wir ja alle kennen, ist: Zu welchen Opfern sind wir bereit, um von der Gesellschaft anerkannt zu werden? Wenn man Kunst zu seinem Beruf machen möchte, stellt man sich die gerade in der Anfangszeit oft. Denn es gibt viel gesellschaftlichen Gegenwind. Alle raten einem davon ab, und man bekommt gesagt, man würde verarmt auf der Straße landen.
PIERRE RICHARD: Das stimmt, meine Eltern haben meine Berufung zum Beispiel nicht akzeptiert. Ich wurde aus der Familie verbannt.
BOON: Ein Kollege, mit dem ich am Anfang oft im Duo auftrat, wollte irgendwann auch lieber eine sichere Stelle im Rathaus. Eigentlich nur vorübergehend, aber er ist nie zurückgekehrt.
RICHARD: Ich hatte Erfolg und damit Glück. Hätte ich Schwierigkeiten gehabt, von meinem Beruf zu leben, wäre mir vielleicht schon der Gedanke gekommen, dass meine Eltern doch Recht hatten.
Aber auch die Filmbranche selbst ist hart. Haben Sie sich hier je verbiegen müssen?
BOON: Ganz im Gegenteil! Auch wenn das Kino eine elitäre Branche ist. Aber ich glaube, man darf sich als Person nie zurücknehmen, denn genau das macht Künstler aus.
RICHARD: Auch ich habe immer nur Dinge, getan, die ich wirklich tun wollte. Ich wurde zum Beispiel oft gefragt, ob mir Filme wie "Der große Blonde mit dem schwarzen Schuh" nicht peinlich sind? Auf keinen Fall! Man kann sich nur für Dinge schämen, die man eigentlich nicht machen wollte, aber auf diese Filme hatte ich Lust. Wenn ich auf etwas keine Lust hatte, habe ich immer nein gesagt.
Wozu denn zum Beispiel?
RICHARD: Ich hab mal einen Film mit Louis de Funès abgelehnt. Das war einfach nicht meine Rolle.
Aber die Rolle des grantigen Vaters in "Die Sch’tis in Paris" passt zu Ihnen?
RICHARD: Das trauen mir viele nicht zu, aber die Rolle ist mir schon recht nahe. Ich kann sehr schnell sehr sauer werden. Schon alleine die Vorstellung, dass ein Sohn nicht mehr zu seinem Vater steht, macht mich wütend.
Spricht da auch persönliche Erfahrung?
RICHARD: Nein, meine eigenen Kinder haben das nie gewagt (lacht). Dabei war es ihnen manchmal schon unangenehm, dass ihr Vater berühmt war. Ihnen wäre es lieber gewesen, man hätte mich nicht gekannt.
Wie war Ihre erste Zusammenarbeit für Sie?
RICHARD: Als ich das Drehbuch las, wusste ich sofort, dass Dany es für mich geschrieben hatte. Ich habe mich sehr Freude, dass ich mit dieser Rolle wieder an die Art burleske Komik anknüpfen konnte, die ich früher oft gespielt habe.
BOON: Eigentlich war die Rolle viel kleiner, aber nach Pierres Zusage ist der Fan in mir erwacht, und ich habe ihm noch mehr Szenen geschrieben. Ich weiß noch, wie Pierre zum ersten Mal ans Set kam. Es war für eine Szene, in der seine Figur auf einer Waschmaschine im Wasser treibt. Ich hatte extra vorher dafür gesorgt, dass es ein Podest gibt und er nicht nass wird. Pierre hat sich das kurz angeschaut und dann entschieden, dass das Podest wegkommt. Er war stundenlang im Wasser. Pierre geht bis zum Ende bei jeder Szene und ist völlig schmerzfrei. Das ist vermutlich auch der Grund, warum er schon so lange dabei ist.
Trotz aller Hürden in Ihrem Beruf gibt es auch Anerkennung. Herr Richard, über Sie kursiert die Geschichte, der damalige französische Präsident François Hollande wäre Ihnen in ein Restaurant gefolgt, nur um Sie zu treffen. Stimmt das?
RICHARD. Na ja, das war eigentlich ein Zufall. Ich war in Berlin um einen Film zu bewerben, er, um sich mit Frau Merkel zu treffen. Da hatte er wohl noch ein bisschen Zeit und kam zu mir. Für eine halbe Stunde. Danach haben wir uns nie wieder gesehen. Das ist auch in Ordnung, ich halte von Politikern nicht viel. Aber in dem Moment fand ich Hollande durchaus unterhaltsam.
BOON: So etwas kommt schon vor. Präsident Macron und seine Frau beispielsweise kommen beide aus dem Norden und fanden "Die Sch’tis in Paris" deshalb interessant. Da haben wir uns getroffen und den Film gemeinsam angeschaut.
Kino: Cinemaxx, Mathäser, Cadillac, Gloria, Münchner Freiheit sowie Theatiner (OmU) R: Dany Boon (F, 107 Min.)
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