Die Kinder des Fechters: Biegsamkeit und Konsequenz
Dieser kleine, große Film ist schon geadelt, bevor er bei uns startet: Gerade hat er die Golden-Globe-Nominierung bekommen und in diesem Jahr bereits als nicht-deutscher Film den Friedenspreis des Deutschen Films erhalten.
Am trostlosen Bahnhof von Haapsalu möchte man nicht eine Minute verweilen und in diesem estnischen Küstenstädtchen auch nicht. Endel Nelis kommt 1952 hier in diesem verlassenen Eck des sowjetischen Reiches an. Er muss sich verstecken. Stalins Geheimpolizei sucht ihn als „Kollaborateur“, weil er als 18-Jähriger von den Nazis in die Wehrmacht eingezogen wurde.
Gegen die Werte des Kommunismus
Die Kinder, die er nun unterrichten muss, haben so gar nichts mit den Spitzensportlern zu tun, die er in Leningrad betreute, ehe er untertauchen musste. Und im Sportclub fehlt es an jeglichem Gerät. Dennoch entschließt er sich, ihnen das einzige beizubringen, was er wunderbar beherrscht: das Fechten.
Mangels Ausrüstung wie Florett, Masken oder Schutzkleidung improvisiert er anfänglich und stößt auf Begeisterung bei den Kleinen, fördert Talente und spürt Verantwortung. Bald wird er für viele Kinder Vorbild und Vaterersatz, skeptisch beäugt vom kommunistischen Schulleiter, der den „bourgeoisen“ Sport verachtet und ihn verrät.
Basierend auf dem Schicksal des Fechters Endel Nelis, der in den 1950er Jahren in dem kleinen Ort eine heute noch berühmte Fechtschule gründete, zeichnet der finnische Regisseur Klaus Härö in einer ausbalancierten Mischung aus Sport-, Schul- und Historiendrama den Weg eines in sich zerrissenen Mannes, der sich aus der Einsamkeit befreit und Gemeinsamkeit lernt, Position bezieht und für die Verwirklichung von Kinderträumen, die Teilnahme am Wettbewerb in Leningrad, alles riskiert.
Gefühlvoll, aber nie gefühlig und voll von Lebensentscheidungen
Für Romantiker gibt‘s noch eine vorhersehbare Lovestory obendrauf, die aber nie in Kitsch abgleitet.
Der Film balanciert geschickt zwischen komödiantischen und dramatischen Elementen, wühlt auf durch seinen Blick auf das Überleben in einem besetzten Land, eine Zeit voller Angst und politischer Unterdrückung, in der Freunde oder Nachbarn Denunzianten sein konnten. Aber er demonstriert auch die Würde dieser Menschen trotz Armut und Verfolgung.
Die bewegende Geschichte erzählt sich weniger durch Worte, als durch Bilder, durch Gegensätze zwischen der weißen Eleganz des Fechtens und der rauen Wirklichkeit, dem Bedürfnis nach Freiheit. Und das gefühlvolle, aber nicht gefühlige Ende geht so richtig ans Herz.