Die Jagd nach dem Einhorn: „Was ist Liebe wert - Materialists“

Heiratsvermittler sind etwas aus der Mode gekommen. Dafür boomen Singlebörsen - ob für die schnelle Nummer oder die große Liebe. 40 Prozent der frisch verheirateten Paare sollen sich inzwischen über Dating-Apps kennengelernt haben, manche Studien sprechen von 60 Prozent.
Ganz altmodisch geht es dagegen bei der renommierten New Yorker Partnervermittlung Adore zu, der Agentur für die Elite mit dicker Brieftasche. „Ein hohes Einkommen ist das beste Rezept für Glück“, hieß es in Jane Austens „Mansfield Park“. Für Liebe in Zeiten des Kapitalismus gilt das beim Verkuppeln immer noch. Ein gutes Händchen fürs „Matchmaking“ hat Lucy, die die passenden Dates vermittelt. Auch schwierigen Fällen gibt sie Mut und Zuversicht, dass es irgendwann schon klappt mit Mr. oder Mrs. Right.
Sie selbst ist Single, jung, hübsch, klug und sehr ehrgeizig. Neun vermittelte Ehen gehen auf ihr Konto. Sie setzt weniger auf tiefe Gefühle als auf Logik und Zahlen und entscheidet die Treffen aufgrund objektiver Kriterien. Aber nicht alles kann man mit Algorithmen erklären und auf den Verstand sollte man sich lieber nicht verlassen.
Das große Los
Mit ihrem bittersüßen Regiedebüt „Past Lives - In einem anderen Leben“ verzauberte Celine Song Kritik und Publikum, brachte es auf zwei Oscar-Nominierungen als Bester Film und Bestes Originaldrehbuch. Kein Wunder, dass sie für ihren zweiten Film mit einem höheren Budget rechnen und bekannten Schauspieler engagieren konnte, allen voran Dakota Johnson als Champion der Agentur.

Als diese Harry (Pedro Pascal) bei einer Hochzeitsfeier begegnet, gut aussehend, charmant, reich, generös und liebevoll, ist sie irritiert, weil „die Rechnung nicht aufgeht“. Bei den objektiven Kriterien wie Alter, Einkommen, Größe, Herkunft spielt er in einer anderen Liga. Da kann sie nicht mithalten.
Doch er ist ein „Einhorn“, wie es in ihren Kreisen heißt, das große Los. Und da wird sie trotz aller mathematischen Grundsätze schwach.
Wenn da nur nicht der gar nicht perfekte Ex-Freund wäre, ein 37-Jähriger Schauspieler (Chris Evans), der mangels Aufträge noch in einer angeranzten WG haust, eine Schrottkarre fährt und im Catering-Service als Kellner seine Brötchen verdient.
Kritik und Leichtigkeit
Die mit Ironie angereicherte romantische Komödie hält einige bösen Pfeile im Köcher bereit, spielt brillant mit Emotionen, Vorurteilen und Sehnsüchten, zeichnet die Komplexität moderner Großstadtbeziehungen, die Macht der Reichen und Einflussreichen und auf der anderen Seite die, die sich abstrampeln müssen für jeden Dollar.

Trotz aller Leichtigkeit wirft Song einen kritischen Blick auf die Kommerzialisierung der Gefühle, den Wert finanzieller Sicherheit und den verführerischen Reiz von Luxus. Wer geht nicht lieber in ein Viersterne-Restaurant als an die Döner-Bude?
Und doch macht sie dann eine Kehrtwende, dass man sich plötzlich in einer Courts-Mahler-Verfilmung glaubt. Es muss sich eben wie im Heftroman das Herz zum Herzen finden. Trällerte Marilyn Monroe 1953 in „Blondinen bevorzugt“ noch kess „Diamonds are a girl‘s best friend“, reicht statt Brilli ein Blümchen am Finger, jedenfalls wenn man diesem filmischen Märchen glauben mag.
R: Celine Song (USA/SF, 116 Min.), K: Astor im Arri, Cinema (OV) City Atelier (auch OmU), Leopold (auch (OmU), Mathäser (auch OV), Monopol (OmU); Museum (OV), Royal (auch OV)