Die dunkle Seite des Mondes: Ich, Es und das Über-Ich des Bösen
Ein Erfolgstyp wie aus dem Bilderbuch ist er: ein schicker Schlipsträger, seinen Konkurrenten immer einen Schritt voraus, charmant im Auftreten, aber beinhart in der Sache, genug Geld und an der Seite die perfekte Frau.
So einer ist Wirtschaftsanwalt Urs Blank, ein Star auf seinem Gebiet und gewissenloser Karrierist. Als sich ein von ihm eiskalt in den Ruin getriebener Unternehmer vor seinen Augen erschießt, beginnt er an der Oberflächlichkeit seines Lebens zu zweifeln.
Bei Streifzügen durch den Wald lernt zufällig die alternativ angehauchte Flohmarktverkäuferin Lucille (Nora von Waldstätten) kennen, die ihn zu einem Trip mit halluzinogenen Pilzen verführt. Eine folgenschwere Entscheidung, die in Kontrollverlust und zeitweisen Wahnsinn mündet.
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Verknappung des Romans
Mit der Verfilmung von Martin Suters zweitem Band aus der „neurologischen Trilogie“, dessen Titel von Pink Floyds „Dark Side of the Moon“ stammt, hat sich Stephan Rick in seinem Kinodebüt einiges vorgenommen. Beim Blick in seelische Abgründe orientiert er sich an den wechselnden Handlungssträngen der literarischen Vorlage, verknappt die 300 Seiten dieses ungewöhnlichen Romans und legt den Fokus auf die ambivalente Hauptfigur. Moritz Bleibtreu steht als Mix von Dr. Jekyll und Mr. Hyde für die menschliche Doppelgesichtigkeit.
„So ein Pilz holt doch nur das hervor, was sowieso in dir steckt“ versucht Lucille den sich immer wieder in Gewaltattacken Verlierenden zu beruhigen. Sie weiß aber nicht, zu welchen Taten ihr neuer Lover fähig ist – von der brutalen Entsorgung ihrer geliebten Katze bis zum Mord an einem ihrer Freunde.
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Schlummert in uns allen ein Mr Hyde?
Mal unberechenbares Monster, mal gebrochener Mann versucht Blank Erlösung zu finden und nicht den Verstand zu verlieren, wenn er immer wieder einem schwarzen Wolf im surrealen finsteren Märchenwald begegnet – ein dicker Hinweis auf den Philosophen Thomas Hobbes und dessen These, „der Mensch ist dem Mensch ein Wolf“. Das doppelbödige Spiel mit Überhöhungen und Mythen funktioniert, aber nicht jede Handlungsvolte ist nachvollziehbar.
So richtig kracht’s beim Showdown, wenn Blanks Geschäftspartner (grandios perfide Jürgen Prochnow) bei der Jagd auf die tickende Zeitbombe als Inkarnation des Bösen auftrumpft. Nach dieser dunklen Melange aus Wirtschaftskrimi und Psychothriller fragt man sich, „Wer bin ich“. Und möchte die Antwort lieber gar nicht wissen.
Kino: Rottmann, Monopol R: Stephan Rick (D, Lux, 98 Min.)
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