Die AZ-Kritik zum Kinofilm „La La Land“ mit Ryan Gosling und Emma Stone

Der Charme des Unperfekten: Ryan Gosling und Emma Stone sind die Jungstars im Musical „La La Land“ von Damien Chazelle.
Adrian Prechtel |
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Emma Stone hat als Mia zwar gerade nach einem ihrer vielen Castings eine Absage bekommen, aber sie geht erst einmal mit den Freundinnen feiern. Denn Los Angeles ist eine große Bühne der Selbstdarstellung, auch wenn einem gerade zum Heulen ist.
Studiocanal 3 Emma Stone hat als Mia zwar gerade nach einem ihrer vielen Castings eine Absage bekommen, aber sie geht erst einmal mit den Freundinnen feiern. Denn Los Angeles ist eine große Bühne der Selbstdarstellung, auch wenn einem gerade zum Heulen ist.
Ryan Gosling als etwas melancholischer Jazzpianist Sebastian.
Studiocanal 3 Ryan Gosling als etwas melancholischer Jazzpianist Sebastian.
Ohren zu und durch: Emma Stone in La La Land.
Studiocanal 3 Ohren zu und durch: Emma Stone in La La Land.

Ein Kritiker-Film! So eine Einschätzung verheißt für das große Publikum oft nichts Gutes. Aber nach der Rekordauszeichnung mit sieben Golden Globes (die von Journalisten in Hollywood vergeben werden) und dem Branchen-Applaus bei der Weltpremiere in Venedig scheint das für „La La Land“ zu gelten.

Damien Chazelle hat – nach den harten Beats seines Schlagzeugerfilms „Whiplash“ – jetzt dieses Musical geschmeidig gedreht. Es ist ein „romantisches Komödien-Drama“ und macht es damit einigermaßen recht.

Thematisiert wird in „La La Land“ klassisch der amerikanische Traum mit seinem moralischen Imperativ „Du kannst es schaffen!“: Er (Ryan Gosling) will als Freejazz-Pianist eine Musikbar eröffnen. Und sie (Emma Stone) will Hollywoodschauspielerin werden.

Tanzen, singen und doch auch die Wahrheit zeigen

Weil der Film auch Komödie ist, klappt das Ganze letztlich auch – allerdings durch verbiegende Selbstverleugnung mit Mobilität (er geht mit einer verhassten Flach-Popband auf Tour) und Flexibilität (sie jobbt als Kellnerin auf dem Studiogelände und bewirbt sich auch für Mistrollen). Das ist wiederum ein Teil des Dramas in der oberflächlichen „La La“-Stadt, die L.A. eben auch ist.

Hierin steckt auch eine subtile Gesellschaftskritik des Films: Die kapitalistischen Zwänge beim (Über-)Leben, die man eingehen muss, um Lebensziele zu erreichen, gehen auf Kosten des anderen großen Ziels: der Liebe! So wird in „La La Land“ der Hollywoodtraum raffiniert bestätigt und gleichzeitig unterlaufen. Und so ist diesem Musical, das ja tanzend und singend eigentlich die unwahrscheinlichste Form der Realitätsdarstellung ist, durchaus auch ein gewisser Wahrhaftigkeitsanspruch eingeimpft.

In den alten, unbeschwerten US-Musicals der 30er bis 50er Jahre war das Leben noch eine Bühne und die Bühne ein getanztes Singspiel. Diese optimistische Grundstimmung teilt Damien Chazelle nicht, auch wenn „La La Land“ eine Hommage an die große Studiozeit Hollywoods ist. Heute – so zeigt der Film – kann man den Lebenskampf nur ironisch-melancholisch bestehen. Und was passiert auf der Bühne beziehungsweise Leinwand? Auf der wird zwar wieder gesungen und getanzt, aber dieses gesungene Tanzspiel hat nicht mehr die traumwandlerische Präzision, die Ginger Rogers, Fred Astaire oder auch Gene Kelly mitbrachten.

Schauspieler sollen ja alles können, und Ryan Gosling – ohnehin der coolste Hund des aktuellen, intelligenten Hollywoodkinos – kann sogar noch Klavier spielen, was ihm in „La La Land“ auch erst einmal Glück bei den Frauen bringt.

Aber damit ist die Forderung vom Schauspieler als Alleskönner auch schon an ein Ende gekommen. Denn tanzen kann er nur bedingt – wie auch das Bette-Davis-Eyes-Jungtalent Emma Stone, deren Singstimme dünn und piepsig klingt. Ryan Gosling klingt da auch nicht viel besser – außer eben er spielt Klavier.

Heutig mit Freejazz und Los Angeles in nostalgischem Licht

Hier feiert der Film den sophisticated 50er-Jazz – Bebop und Freejazz – als coole Nummer, mit der Goslings Figur erst aneckt, dann aber großen Erfolg in der Szene von L.A. hat. So wird ein nervöses Nischenprodukt wie dieser Jazz mit Erfolgsromantik überzuckert, anstatt einfach aktuelle Musikstile zu wagen.

Auch das heutige Los Angeles als Kulisse ist eingetaucht in nostalgisches Licht, inklusive Blicke auf die glitzernde Stadt vom Mulholland Drive aus. Bei alldem ist das Schöne an „La La Land“, dass das Genre Musical durchaus charmant in die Gegenwart geholt ist, obwohl Filmwissenschaftler 30 rückwärtsgewandte Filmzitate ausgemacht haben. Das wiederum ist ja ein klassisches Filmkritiker-Festessen.

Ob „La La Land“ aber im Kino massentauglich ist, wird sich zeigen. Die Hollywood-Maschinerie ist jedenfalls schon groß angelaufen: Filmfestspiele Venedig, Golden Globes und jetzt? Oscar-Kurs!


Kino: Sendlinger Tor, Solln, Gloria, Leopold, Mathäser, Monopol, Isabella (OmU), City (auch OmU), Cinema (OV)

R: Damien Chazelle (USA, 128 Min.)

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