Die AZ-Filmkritik Arthur & Claire

Wie man aus einer Tragödie eine Komödie macht, die tragikomisch ist.
von  AZ
So cool kann München sein, wenn es Amsterdam spielt: Arthur (Josef Hader) und Claire (Hannah Hoekstra) in einem Coffeeshop, der im Club Rote Sonne in München gedreht wurde.
So cool kann München sein, wenn es Amsterdam spielt: Arthur (Josef Hader) und Claire (Hannah Hoekstra) in einem Coffeeshop, der im Club Rote Sonne in München gedreht wurde. © Universum

AZ-Filmkritik: Wie man aus einer Tragödie eine Komödie macht, die tragikomisch ist.

Wenn Freiheit nur ein anderes Wort dafür ist, dass man nichts mehr zu verlieren hat, wie Janis Joplin singt, dann ist man im Angesicht des Todes wohl am freiesten Punkt. Und diese Freiheit nimmt sich Arthur (Josef Hader) auch und pfeift auf politische Korrektheit.

Im Flugzeug nach Amsterdam verweigert er einem alleinreisenden kleinen Tyrannen die Hilfe ("Man muss nur netten Kindern helfen"). Und an der Hotelrezeption lässt er die oberflächlichen Freundlichkeitsfragen durch wahrheitsgemäße Antworten als Floskeln auflaufen. Es wird schnell klar: Dieser erschöpfte Zyniker hat eine makabere Mission. Es ist sein letzter Abend vor der assistierten Selbsttötung wegen seiner unheilbaren Krebserkrankung. Aber wie das in einer guten Boulevardkomödie ist: Es kommt etwas dazwischen: das wilde Mädchen (Hannah Hoekstra) im Nachbarzimmer, das ihn mit Deathmetal-Musik bei seinem letzten Dinner mit Edelrotwein stört, bevor auch sie sich – wegen Schuldgefühlen – umbringen will.

Die beiden werden sich zusammenraufen und eine überreizte, intensive, inhaltstiefe, in dieser Situation verständlich verletzliche Nacht verbringen, in dem sie durch Amsterdam streifen, Essen gehen, kiffen, in einer Bar landen.

 

Eine gelungene Balance aus Tragik und Komik 

 

Natürlich wartet man dabei darauf, wie der Film von Miguel Alexandre aus der tödlichen Situation, deren tragisches Grundrauschen sich sogar noch durch die nächtlichen Lebensgeständnisse verstärkt, wieder rauskommt. "Arthur und Claire" löst das wunderbar, indem ein optimistischer Morgen graut, dem das Grauen längst genommen ist.

Und was bleibt? Eine gelungene Balance aus Tragik und Komik, die auch dadurch überzeugt, weil sie so natürlich wirkt. Das ist natürlich den beiden Schauspielern geschuldet, von denen Josef Hader sich auch stark ins Drehbuch eingemischt hat. Dabei wurde auch der sympathische, aber konstruierte Kitsch (das Zusammenspannen von Geburt und Tod) des zugrundeliegenden erfolgreichen Theaterstücks von Stefan Vögel lässig entsorgt. So konnte ein schöner, intelligenter und glaubwürdig tragikomischer Film entstehen.


Kino: ABC, City, Solln, Monopol, Leopold, Rex, Rio, Theatiner
 

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