Diana Iljine: "Der Marathon hat sich verlängert"
München - Zum sechsten Mal leitet Diana Iljine das Filmfest. Der Ausstieg eines wichtigen Sponsors stellte sie in diesem Jahr vor eine Herausforderung.
AZ: Frau Iljine, zum 35. Mal findet das Filmfest statt. Was sagt diese halbrunde Zahl aus?
DIANA ILJINE: Dass dieses Festival in Deutschland und Europa stabil, wichtig und ein Aushängeschild für den Filmstandort München und Bayern ist. Deshalb engagieren sich ja auch Stadt und Staat als Hauptgesellschafter kontinuierlich für das Filmfest München, obwohl es immer mehr Konkurrenz gibt. Aber wir haben Weltfirmen wie Arri hier, die großen Bavaria Studios, die Hochschule für Fernsehen und Film und viele Filmschaffende. Auch das ist ein Magnet für unser Sommerfestival.
In Cannes hat Sophia Coppola gerade den Regiepreis bekommen. Das Filmfest München widmet ihr eine Retrospektive. Ist das nicht ein wenig früh für eine Frau von 46 Jahren mit ihrem siebten Film?
Nein, weil Sophia Coppola eine der wichtigsten weiblichen Stimmen der Filmkunst ist. Wir sind stolz, diese weltweit bedeutende Regisseurin da zu haben. Das ist ein Coup! Und das war schon immer die Kunst unserer Filmfestpolitik: frühzeitig Talente dazuhaben, die sich dann positiv an München erinnern und mit neuen Werken wiederkommen. Und dazu haben wir alle unsere Hollywoodkontakte mobilisiert.
Und was sagt die Hommage an Reinhard Hauff?
Das ist die Ehre für ein Urgestein des Neuen Deutschen Films, das noch nicht genug gewürdigt worden ist! Bei ihm geht es oft um Jugend im Aufbruch, um Rebellion und Politisierung. Und das passt thematisch auch perfekt zu unserem diesjährigen Festival.
Und der CineMerit Award für Bryan Cranston schlägt dann einen Bogen vom Kino zu den TV-Serien.
Ja, das Filmfest München hat die Angst vor der Konkurrenz zwischen Kino und TV nie gehabt. Ich wurde anfangs ja noch als "Fernseh-Tussi“ beschimpft. Aber Serien gelten ja als unsere "Romane“ des 21. Jahrhunderts. Und wenn sie Kinoqualität haben, sollte man ihnen auch eine Plattform auf einem Filmfest geben. Das mache andere dem Filmfest jetzt schon nach. Und Brian Cranston, der besonders bekannt durch "Breaking Bad“ wurde, stammt aus dieser "Urserie“, die ja das Serien-Phänomen entscheidend mitgeprägt hat. Bei uns zeigen wir seinen neuen Film "Wakefield“. Kino und Serien befruchten sich gegenseitig. Und auf der großen Leinwand wirken Serien auch noch einmal ganz besonders.
Schwitzt man nicht dennoch immer Blut und Wasser, ob man das Ganze finanziert bekommt?
Wir haben die Sicherheit der Finanzierung durch unsere Gesellschafter, aber ohne Sponsoren geht es nicht. Und wenn ich in Cannes oder Venedig bin, sitzte ich ja nicht am Lido oder auf der Croisette in der Sonne, sondern knüpfe, halte und pflege Kontakte, die das Filmfest München braucht.
Der Sponsor "Sky“ ist dieses Jahr nicht mehr dabei.
Sky war natürlich jahrelang ein Superpartner, weil er sich mit Kino und Film auskannte. Und so ein Loch, das ein Ausstieg reißt, kann man auch nicht so schnell stopfen, vor allem, wenn man nicht ein großes Marketing-Team hat wie Firmen in der freien Wirtschaft, sondern vor allem Filmkenner, denen die hohe Kunst der Marketingsprache erst einmal fremd ist. Da muss ich dann natürlich selbst herumreisen und zeigen, dass das Filmfest München eine Premium-Plattform ist.
Der Gasteig soll saniert werden, damit auch die Philharmonie und der Carl-Orff-Saal. Ein neuer Konzertsaal wird im Werksviertel gebaut. Bringt das neue Möglichkeiten?
Ich habe natürlich Kontakt zum Oberbürgermeister und zum Finanzministerium. Und von beiden Seiten gibt es das erklärte Ziel, dass neue Säle nicht reine klassische Konzertsäle werden, auch wenn ich oft noch gesagt bekomme: In erster Linie geht es hier um Musik. Aber das ist nicht zukunftsorientiert. Immer mehr Künste brechen das Genre auf: Film und Bewegtbilder spielen in der bildenden Kunst, der Musik und im Tanztheater eine immer größere Rolle. Und alle wichtigen und neuen Säle der Welt – in Shanghai, Paris oder an der Met – haben auch Leinwände. Ein Architekt braucht also die Ansage, nicht nur um ein Orchester herum zu planen.
Vor zwei Jahren wurde das Filmfest um einen Tag verlängert. Mit Erfolg?
Es hat den Marathon für uns als Team und den Zuschauer verlängert. Aber es hatte den gewünschten Effekt: Über zehn Prozent mehr Zuschauer, mehr Einnahmen und eine entspanntere Premierensituation.
Und wird der Cannes-artige Dresscode Smoking und Abendkleid zur Eröffnung bei einem lässigen Sommerfestival klappen?
Das wünsche ich mir. Dresscodes sind in keinem anderen Land ein Problem und ich finde einfach, dass eine gewisse Eleganz durchaus auch eine schöne Stimmung kreiert und dem Festival, dem Film und den anderen Gästen gegenüber respektvoll ist.
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