"Der junge Karl Marx": Politischer Visionär mit Spaß am Suff

"Der junge Karl Marx" zeigt keinen linken Säulenheiligen, sondern einen Menschen.
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Jenny Marx (Vicky Krieps), Karl Marx (August Diehl) und Friedrich Engels (Stefan Konarske).
Frédéric Batier/Neue Visionen Filmverleih Jenny Marx (Vicky Krieps), Karl Marx (August Diehl) und Friedrich Engels (Stefan Konarske).

"Ein Gespenst geht um in Europa – Das Gespenst des Kommunismus": Die ersten Worte des "Kommunistischen Manifests" sind mehr als ein geflügeltes Wort, sind Mythos und Kampfansage an den Kapitalismus. Veröffentlicht wurde das Werk von Karl Marx und Friedrich Engels erstmals im Februar 1848, und damit endet der Film von Raoul Peck.

Er erzählt nicht vom bärtigen alten Säulenheiligen, der durch die Schulbücher geistert, sondern vom 26-jährigen aufmüpfigen Karl Marx, der 1844 am Vorabend der industriellen Revolution mit seiner Frau Jenny im französischen Exil lebt, später in Belgien, und eigentlich immer bankrott ist. Bei der ersten Begegnung mit Friedrich Engels verachtet er den dandyhaften Spross eines Fabrikbesitzers in Manchester, der aber ganz unstandesgemäß eine Arbeiterin und Rebellin liebt.

Die unterschiedlichen Weltverbesserer, der eine aufbrausend, der andere pragmatischer, haben nicht nur den gleichen Humor und Spaß am Suff, sondern auch die Vision einer gerechten Gesellschaft. Sie wollen weg vom deutschen Idealismus, nicht nur über Theorie diskutieren, sondern eine echte Revolution, die Schaffung einer neuen Welt ohne entfremdete Arbeit.

Hauptdarsteller stammen größtenteils aus Deutschland

Der in Haiti geborene Regisseur Raoul Peck schrieb mit dem Franzosen Pascal Bonitzer das Drehbuch, gesprochen wird deutsch, englisch und französisch, die Hauptdarsteller stammen größtenteils aus Deutschland: August Diehl als Marx, Stefan Konarske als Engels und die wunderbare Vicky Krieps als Jenny, die sich hier leider mit ein paar Floskeln zufrieden geben muss.

Die Konzentration auf die ersten Jahre der lebenslangen Männerfreundschaft gewährt nicht nur Einblick in die zerstrittene Linke und die Intrigen der Macht, sondern zeigt auch Menschen aus Fleisch und Blut mit Lust am Leben und der Liebe, keine gefühllosen Politstrategen. Alles ist bestens ausgestattet, von der Spinnerei in Manchester über die Elendsbehausungen bis hin zu Kneipenhinterstuben, Kostüme und schauspielerische Leistung stimmen.

Trotzdem staubt es etwas beim Lavieren zwischen Geschichtslektion und Historiendrama. Und wer vorher wenig von der sozialistischen Utopie wusste, ist im Nachhinein auch nicht viel klüger. Dabei ist die Frage nach sozialer Gerechtigkeit heute so dringend wie damals. Trotz sozialer Marktwirtschaft.     


R: Raoul Peck (F/D/B 2016, 118 Min.)

Kinos: Atelier, Mathäser, Monopol, Münchner Freiheit, Rio

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